— 222 —
keineswegs so sicher, entgegenete ich. Aber wir könnten ja
den Vertrag einstweilen weiter bereden und entwerfen.
Die Verhandlungen darüber fanden dann in der Tat an
diesem und dem folgenden Tage noch mehrfach zwischen uns
statt, und wir schieden in vollem Einverständnisse. Natürlich
unterrichtete ich den Kaiser sofort von diesen Vorbesprechungen,
und da er diesen einleitenden Verhandlungen nicht wider-
sprach, so reiste ich am 21. September selbst nach Wien,
um hier den Vertrag zum Abschluß zu bringen. Ich wurde
hier namentlich auch vom Kaiser Franz Joseph sehr freund-
lich aufgenommen und brachte nach längeren Unterredungen
mit ihm, mit Andrassy, dem Baron Haymerle und dem un-
garischen Ministerpräsidenten Tisza das deutsch-österreichische
Defensivbündnis am 24. September im Entwurf zu stande.
Kaiser Franz Josef erklärte sofort freudig seine Bereit-
willigkeit, es zu genehmigen und zu vollziehen.
Mein kaiserlicher Herr aber sagte rundweg nein! Gegen
alle meine schriftlichen Vorstellungen und Denkschriften blieb
er taub und verschlossen. Er weilte in Baden-Baden, und
ich kehrte am 25. September nach Berlin zurück. Nach all'
den Anstrengungen und dem Mißlingen meiner Gasteiner
Kur konnte ich die weite Reise zu ihm nicht machen. Die
Sache war aber so wichtig, daß ich — so peinlich mir das
auch war — mein Verbleiben im Amt davon abhängig
machte, daß Seine Majestät den in Wien von mir abge-
schlossenen Vertrag genehmige. Auch die übrigen Minister
stellten mit mir die Kabinettsfrage. Der mir befreundete
Graf Stolberg ließ sich dazu bereit finden, mit diesen Er-
öffnungen und meiner nochmaligen eingehenden Begründung
der Notwendigkeit, das Defensiobündnis mit Oesterreich-
Ungarn auf jede Gefahr eines äußeren Angriffkrieges ab-
zuschließen, nach Baden-Baden zum Kaiser Wilhelm zu reisen.
Aber auch er erlangte erst nach vielen Schwierigkeiten die
kaiserliche Zustimmung. So konnte denn der Vertrag am
7. Oktober 1879 endlich vollzogen werden.“