Burschenschaft. 7
Turnkunst mit Vorliebe gepflegt worden. Besonders treu hingen ihr die Stu—
denten an, welche sich „Burschenschafter" nannten. Der Beitritt zu dieser Ver-
bindung verpflichtete zu einem tugendhaften, sittlichen Lebenswandel, und man
erkannte ihre Mitglieder vornehmlich an ihrer grundsätzlichen Enthaltsamkeit
von Spiel und an der größeren Mäßigkeit im Trinken. Auch wollten die
Burschenschafter von Raufereien und von dem mutwilligen Duellieren nichts
wissen, und ebenso mieden sie das wüste Treiben jener Studentenverbindungen,
welche sich „Landsmannschaften“ nannten.
Die Grundsätze der Burschenschaften stießen freilich bei zahlreichen An-
hängern des Schlendrians und des bisherigen rüden Studententums auf heftigen
Widerstand. Aber die jungen Männer ließen sich dadurch nicht beirren, und
um ihren Bestrebungen in größeren Kreisen Eingang zu verschaffen, verab-
redeten sie eine Zusammenkunft von Vertretern aller Burschenschaften der
deutschen Universitäten.
Man wählte als Ort der Zusammenkunft eine Stätte echten deutschen
Geistesrittertums, die alte Wartburg in Thüringen, und begeisterte Reden
wurden dort oben gehalten über die Zukunft des Studententums. Aus jenen
Zeiten schöner und nur zu bald vernichteter Jugendhoffnungen stammt die
schwarzrotgoldene Fahne, welche lange Zeit hindurch als das Sinnbild
deutscher Einheit galt. Sie ist keineswegs das Banner unfrer ehemaligen
deutschen Kaiser, und ihre Farben sind, wenn auch deutsche, doch niemals die
Reichsfarben gewesen, ausgenommen in den wenigen Monaten des Jahres
1848, wo es kurze Zeit schien, als könnte die alte deutsche Reichsherrlichkeit
von neuem erstehen.
Das Wartburgfest im Jahre 1817. Aber der Unwille der jungen Leute
und ihre Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen gab sich bei dem
Wartburgfeste nicht nur in Reden kund, sondern auch in einer sinnbildlichen
Handlung. Auf offenem Platze vor der Burg wurden die Schriften des ver-
haßten, weil den Bestrebungen der Burschenschaften besonders abgeneigten
preußischen Ministers Kamptz verbrannt, und in die lodernden Flammen wurde
unter dem jubelnden Zuruf der Umstehenden ein Korporalstock und ein Beamten-
zopf geworfen, zum sichtbaren Zeichen, daß es in der anbrechenden neuen Zeit
mit der Herrschaft des Stockes und des Zopfes endlich zu Ende sein sollte.
Wohl mag dabei während der augenblicklichen Aufregung und infolge der ge-
hobenen Stimmung auch manch kühnes Wort gefallen, dem Verlangen nach
größerer Einigung des Vaterlandes Ausdruck gegeben worden sein. Im ganzen
aber zeigte das Wartburgfest im Jahre 1817 nichts von dem gefährlichen
Wesen, das später die berüchtigte Untersuchungskommission auswitterte. Gleich-
wohl mußte in der Folge für die Verirrungen einiger überspannten Köpfe die
Blüte der ganzen studierenden Jugend büßen, und die Kraft mancher hoff-
nungsreicher Jünglinge wurde durch langjährige Kerkerhaft gebrochen.
Aber man bedrängte in den bösen Jahren nach 1815 nicht nur die junge
Welt; selbst die wohlmeinendsten, in böser Zeit erprobten Patrioten wurden
den Staatenlenkern teils lästig, teils verdächtig. Die bittersten Erfahrungen