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all in Berbindung mit den Studien-
schulen eigene Realschulen als be-
sondere Anstalten einrichten zu lassen, derer ei-
gentlichste Bestimmung es also ist, den
einer Kunst oder höheren Gewerbs-
art sich widmenden Bürgern einen
ihrem Berufs= und Bildungs-Bedürfnisse
angemessenen Unterricht zu ertheilen.
Die Vereinigung der Realschulen
mit den Studienschulen, und die Stel-
lung, welche denselben im Verhältniß zu
den Primärschulen gegeben worden,
scheint aber über deren eigentliche Bestimmung
Mißverständnisse veranlaße zu haben, welche
durch eine nähere Erörterung der Beziehung,
in der die Realschulen zu den Primarschulen
stehen, zu heben sind.
a) Die Realschule sezt die Primärschule
nicht nothwendig voraus. Dieß ist schon
dadurch ausgesprochen, daß als Bedin-
gung der Aufnahme in die Realschule
nicht die Kenntnisse der Primärschule, son-
dern die Kenntnisse der Volksschule
gesodert, und der unmittelbare Uebergang
aus der Volkeschule in die Realschule ge-
stattet worden, so daß die Realschule
zunächst nur als gesteigerte Volks-
schule erscheint. — Dem ungeachter ist aus
mehr, als Einem Grunde wohl zu erwarten,
daß die Realschule in der Regel ihre gründ-
licher vorbereiteten Schüler aus der Primär=
schule erhalten werde, obgleich diese leztere
keine besondere Rücksicht auf Realunterricht
nimmt, sondern ihren Unterricht vielmehr
nach ihrer Haupebestimmung für das gelehrte
Studium zu richten hat.
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b) Ausser diesem allgemeinen Grunde,
welchem zufolge der Primaͤrschule die Stel-
lung als Vorbereitungs= Anstalt auch zu-
gleich für die Realschule gegeben werden
mußte, finden sich noch mehrere überwie-
gende Gründe für diese Anordnung.
1) Doe die Realschule, in ihrer Eigenschaft
als gesteigerte Volksschule, den Unterricht in
alten Sprachen nicht aufnehmen kann; dieser
auch für Schüler, die nicht dem eigentlich gelehr-
ten Seudium gewidmet sind, in dem Alter,
in welchem sie gemeiniglich in die Realschule
eintreten, meistentheils mehr störend als for-
derlich ist; auf der anderen Seite aber nicht nur
manche Aeltern aus alter Observanz noch
immer wünschen, daß ihre Kinder wenigstens
etwas Latein erlernen, sondern es auch in
der That für manche Zweige des Kunst= und
Gewerbs-Berufes immer vorzüglich wün-
schenowürdig bleiben wird, daß die dazu sich Be-
stimmenden mit der lateinischen Sprache nicht
ganz unbekannt senen: so ist für alle Realschü-
ler, welche diese Absicht haben, die Primär=
schule zur Vorbereitung nicht wohl entbehrlich.
2) Da in dem Alter, in welchem
ein Kind zuerst zur Schule Feschickt
wird, über seine Tauglichkeit zum Studieren
bei weitem nicht immer mit Zuverlässigkeit
entschieden werden kann; die Bestimmung
zum Studieren aber nicht nur von den Ael-
tern, die diesen Plan mit ihren Kindern ha-
ben, meistens so frühe schon entschieden wird,
sondern in der That auch, wenn der zum
Studieren erfoderliche Stufengang des Un-
terrichtes gehörig eingehalten werden soll, so
frühe schon entschieden werden muß; manche