Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1809. (4)

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Michtbeobachtung in Vergessenheit gekommenen Andachts-Ordnung. Wie koͤnnen 
daber die Oesterreicher in der nämlichen Schrift, in welcher sie Josephs Reforma- 
zionen als Muster anpreisen, diese sogenannten Neuerungen schmäben ? Allein 
Menschen, welche über die freche Lüge nicht erröthen, schenen anch den Vorwurf der 
Inkonsequenz nicht, wenn es ibnen nur dazu hilfe, den Meinungskrieg, — den sie 
selbst als eines der schrecklichsten Menschenübel erkennen und schildern, — zur Beföre 
derung ibrer polirischen Entwürse zu entzünden. 
Auch die Einführung der Kon skrip zion muß ihnen ein Mittel geben, euch 
gegen euere Regierung aufzureizen. Bewohner von Südbaiern! einst gekunnt un- 
ter dem Namen der tapfern Tiroler! ihr wolltet euch wirblich der ersten Pflicht des 
Bürgers, der Pflicht das Vaterland zu vertheidigen, — als solche sprach sie euere 
vorige, spricht sie euere jezige Konstitnzion aus, — entziehen? Der Baierische Dienst 
ist kein Oesterreichischer; euere Waffenbrüder sind Teutsche, nicht Kroaten und Pohlen, 
mit deren, durch Sklaverei berabgewürdigten Gemütbsart der österreichische Offizier 
die (bei der Armee der Gleichbeit wegen durchaus eingeführte) viebische Behandlung 
des gemeinen Mannes rechtfertigen will. In unserm Dienste habt ihr eine solche, 
euern Freiheitssinn empörende Behandlung nicht zu besorgen; unsere Krieger leitet 
die Ehre, nicht der Stock, und aus ihrer Mitte kehrt ihr nach sechs Jahren, welche 
ein Krieg um die Hälfte abkürze, in das väterliche Haus zurück, geehrt und geach- 
ket von euern Mitbürgern. — Oder wolltet ihr vielleicht enere Vertbeidigung bloß auf 
die Gränzen euerer drei Kreise beschränken? — Eine solche, euch entehrende Foderung 
könne ihr im Ernste an euere Regierung nicht stellen. Ihr macht ein Fünffbeil der 
Baierischen Nation aus; die übrigen vier Fünftheile sollten also die Vertheidigung 
des gemeinsamen Vaterlandes allein übernehmen, und, werden enere Gränzen vom 
Kriege bedroht, zu euerm Schuze berbeieilen, während ihr, mögen auch feindliche 
Heere das ganze übrige Buiern überschwemmen, ezoistisch zwischen enern Felsen sizen 
bliebet? — Oder glanbt ihr endlich, unter Oesterreichs Szepter würde 
euch ein anderes toos getroffen baben, ein anderes treffen? — 
Habt ihr denn schon vergessen, was ihr vor vier Jahren der Errichrung der 
tandmiltz, nachdem sie euere Stände, vom Hofe durch Verforechungen ven Aemtern, 
Titeln und Geatifkazionen berückt, schon beschlossen batten, in enern Gemeindever= 
sammlungen entgegenseztet? Ihr abndetet den Plan des Hofes, Tirol nach und nach 
zu einer militrischen Gränz-Provinz, wo der Steck allein regiert, zu umstalten, euch, 
wie es schon einige österreichische Offiziere im Triumphe verkünbeten, ju „kreati-
	        
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