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Die Fortschafsang der verschluckten Gifte wird durch Erbrechen bewirkt, was bey
manchen Giften von selbst erfolgt, und durch sehr reichliches Trinken einer sehr großen
Menge lauwarmer Milch, warmen mit Oel oder zerflossener ungesalzener Butter gemischten
Wassers begünstiget und, wenn nicht der Rund und Rachen durch scharfe Gifte verbrannt sind,
darch Kigeln des Schlundes mit dem Finger oder einem Federbarte veranlaßt und beferdert
wird.
Eigentliche Brechmittel werden von dem Arzte verordnek, der überhaupt in Vergiftungs=
sällen immer so schnell als msglich herbey zu rufen ist.
Sollte kein Erbrechen veranlaßt und das Gift also nicht aus dem Körper geschafft
werden können: so muß der Wirkung und den Folgen entgegen gearbeitet werden.
Kennt man die Art des Giftes, welches verschluckt worden: so kann oft die Behandlung
hanz besonders darnach eingerichtet werden. Kennt man die Art des Giftes nicht genau: so
muß man sich nach den Erscheinungen richten, die durch das Gift hervorgebracht sind.
Bis der Arzt herbeykommt, hat man vorzüglich Folgendes zu beobachten:
1) Hatte der Vergistete schon bey'm Verschlucken einen widerwärtigen Geschmack im
Munde oder eine brennende Empfindung im Schlunde, stellte sich heftiger Schmerz im Ma-
gen, Würgen, Erbrechen, Durst, Kolikschmerz oder auch wohl blutiger Durchfall ein, be-
merkt man an dem durch Gift Erkrankten Angst, Schauder, Zittern der Glieder, kalten
Schweiß, Ohnmachten, Bewufklosigkeit 2c.; so ist zu vermuthen, dah das verschluckte Gift
scharf und Atend gewesen sey, und dann wird vorzüglich Eyweiß, was überall leicht
zu haben ist und maunchen átzenden Giften ein wahres Geyengift ist, mit Wasser vermischt,
in reichlicher Menge gegeben, daneben und in dessen Ermangelung schleimige Getränke, Gert
stenschleim, Abkochung von Sago, Salep 2c. Man wende ganze und halbe Bäder an, lasse
warme Umschläge über den Unterleib machen und Klystiere von schleimlgen und öhligen
Substanzen geben. Eine Blutausleerung, die oft vorthellhaft ist, hat der Arzt anzuordnen,
der auch die bey'm Sinken der Kräfte nöthigen Mittel aller Art zu verordnen nicht unter-
lassen wird.
2) Haben sich aber nach dem Genusse der Substanzen, auf welche die Erkrankung ge,
solgt ist, eine vorübergehende oder andauernde Berauschung mit Unruhe, Wiloheit des