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oberhaupt beziehen, ihre Geltung verloren hätten und nicht mehr in Anwen-
dung gebracht werden könnten. Wenn nun auch, bei einer besonnenen Er-
wägung der Verhaältnisse, das Irrige dieser Ansicht sich von selbst herausstellt,
da es einleuchten muß, daß, wenn nicht ein Zustand völliger Gesetzlosigkeit
herbeigeführt werden soll, bestehende Gesetze nicht ohne Weiteres, sondern nur
auf verfassungsmäßigem Wege aufgehoben oder geandert werden können, so
halt es doch das Großherzogliche Staats-Ministerium, damit nicht Einzelne
durch eine irrige Auffassung, auch wohl von Uebelwollenden absichtlich getauscht,
sich zu Handlungen bestimmen lassen, welche sie für straflos halten, für ange-
messen, noch besonders darauf aufmerksam zu machen, daß die in dem Straf-
gesetzbuche vom 5. April 1839 enthaltenen Bestimmungen, namentlich auch die
drei ersten Kapitel des zweiten Theiles desselben, welche sich auf Hochverrath,
Staatsverrath, Beleidigung der Person des Staatsoberhauptes und Aufleh-
nung gegen die öffentlichen Behörden beziehen, nach wie vor volle gesetzliche
Kraft haben und daß es Pflicht der Gerichte ist, diese gesetzlichen Bestim-
mungen vorkommenden Falles ihren Entscheidungen zum Grunde zu legen.
Weimar am 22. August 1848.
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium.
von Watzdorf.
IIII. Das Ungenügende und Unzeitgemäße des jetzt bestehenden Straf-
Prozeßverfahrens hat sich namentlich im Bezug auf politische Vergehen so
klar herausgestellt, doß die Großherzogliche Staatsregierung sich veranlaßt ge-
sehen hat, ein auf öffentlich-mündliches Verfahren mit Schwurgerichten ge-
gründetes provisorischtö Gesetz über die Bestrafung politischer Vergeben, na-
mentlich derjenigen, welche durch die Presse und durch Reden in oöffentlichen
Versammlungen begangen werden, bearbeiten zu lassen und es wird dasselbe
in der nächsten Zeit zur öffentlichen Kenm#niß gebracht werden. Es soll das
neu anzuordnende Verfahren auch auf die jebt anhängigen derartigen Unter-
suchungen angewendet werden und es wird deßhalb den beiden Großherzog=
lichen Landesregierungen hierdurch die Anweisung ertheilt, mit der Ertheilung
der Erkenntnisse in vorliegenden Untersuchungen der bezeichneten Art, in sofern
nicht ganz entscheidende Gründe entgegenstehen, Anstand zu nehmen.
Weimar am 12. September 1848.
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium.
von Wydenbrugk.