Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1848. (32)

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September 1848 wurde nächst Frankfurt eine große Volksversammlung abge- 
halten, dabei der Aufruhr offen gepredigt und zum Sturme gegen die Majo- 
rität des Parlaments aufgefordert. Es trafen von allen Seiten Bewaffnete 
ein und die Ruhe der Stadt, die schon in der frühern Nacht durch grobe 
Exzesse gestort worden war, wurde so gefährlich bedroht, daß der Senat das 
Reichs-Ministerium aufforderte, die zum Schutze der National-Versammlung 
nöthigen Vorkehrungen selbst zu treffen. 
Unter dem Schube zweier aus Mainz beiaczogener Bataillone hielt die 
National-Versammlung am 18. September 1848 Vormittags Sitzung, umringt 
von drohenden Haufen, deren Versuch, gewaltsam in den Sitbungssaal einzu- 
dringen, durch Reichstruppen vereitelt wurde. Von 2 Uhr bis gegen 9 Uhr 
Abends dauerte der Straßenkampf gegen die zahlreich errichteten Barrikaden 
und die von Bewaffneten besetzten Häuser, aus welchen fortwährend auf die 
Truppen gefeuert wurde. Erst am 19. Morgens war die gesetzliche Macht 
vollständig Meister der Stadt. 
In den ersten Nachmittagsstunden wurden die beiden Abgeordneten der 
deutschen National-Versammlung, Fürst Lichnowsky und von Auerswald, die 
in bürgerlicher Kleidung und unbewaffnet aus der Stadt ritten, von bewaff- 
neten Haufen angegriffen, aus Häusern, wohin sie sich geflüchtet hatten, ge- 
trieben und mit empörender Grausamkeit ermordet. Der Abgeordnete Heck- 
scher wurde in Hô#st eine lange Nacht hindurch von rasenden Pöbelhaufen 
mißhandelt und mit dem Tode bedroht; auch andere Abgeordnete schwebten in 
Lebenögefahr. 
Bei solchen Vorgängen konnte die provisorische Central-Gewalt in dem, 
was ihre Pflicht ersordere, nicht zweifelhaft seyn. Eine Truppenmacht war 
binnen wengen Stunden in Frankfurt versammelt, mit der nicht nur der Auf- 
ruhr besiegt wurde, sondern durch die auch einer Erneuerung desselben hier 
und in der Nähe vorgebeugt seyn wird. Das Kriegsgesetz wurde verkundet, die 
Entwaffnung der Einwohner verfügt und die Justiz ist thätig, die zahlreich 
Verhafteten zu richten und den anderen Schuldigen nachzuforschen. 
Aber die Central-Gewalt verkennt nicht, daß damit ihre Aufgabe nicht 
vollendet sey, daß nach den tiefen Erschütterungen, die Deutschland erfuhr, 
nebst dem errungenen Gute der Freiheit, das gewahrt, geschützt und dauernd 
befestigt werden soll, bedauernswerthe Mißverständnisse eingetreten sind, die, 
indem sie Bürgerkrieg und Anarchie theils schon hervorriefen, theils die Saat 
dazu gelegt, die Freiheit selbst in Frage stellen und unser Vaterland mit einer 
furchtbaren Zukunft bedrohen.
	        
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