Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1848. (32)

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Vor dem Beginne der Berathung lies't der Obmann folgende, auch im 
Berathungszimmer in mehren Eremplaren anzuschlagende Instruktion vor: 
Das Gesetz fordert von den Geschwornen keine Rechenschaft über die Grün- 
de, durch welche sie sich überzeugt haben; ed schreibt ihnen keine Regeln 
vor, von welchen sie die Vollständigkeit und Hinlänglichkeit eines Be- 
weises hauptsächlich abhängig machen sollen; es schreibt ihnen aber vor 
in der Stille und mit gesammeltem Gemüthe sich selbst zu fragen und 
in dem Innersten ihres Gewissens zu erforschen, welchen Eindruck auf 
ihre Urtheilskraft die wider den Angeklagten vorgebrachten Beweise und 
die Gründe seiner Vertheidigung gemacht baben. Das Gesetz sagt ibnen 
nicht: Ihr müßt jede Thatsache für wahr halten, die von die- 
ser oder jener Zahl von Zeugen bekundet wirdz es sagt ihnen 
eben so wenig: Ihr dürft nicht einen Beweis als hinreichend 
gefübrt ansehen, der nicht auf diesen oder jenen Urkunden, 
auf so und so viel Zeugen vder Anzeigen beruhet; es richtet an 
sie nur die einzige Frage: Seyd Ihr durch die vorgelegten Be- 
weise vollkommen überzeugt? — Die Geschwornen haben nur die 
Thatsachen in Betracht zu ziehen, auf welche die ihnen vorgelegten 
Fragen gerichtet sind, und dürfen bei Beantwortung dieser Fragen nicht 
an die Folgen denken, welche ihre Erklärung für den Angeklagten haben 
mag. Ihr Beruf ist nicht die Verfolgung und Bestrafung der Vergehen, 
sondern nur die Entscheidung darüber, ob der Angeklagte des Verbre- 
chens, welches man ihm zur Last legt, schuldig sey oder nicht. 
XL 
Die Geschwornen duͤrfen ihre Zimmer nicht verlassen, bevor sie ihren 
usspruch beschlossen haben. 
Nur dem Präsidenten ist, auf schriftliches Erfordern des Obmannes, der 
Zutritt gestattet, um über Sinn und Bedeutung der vorgelegten Fragen Aus- 
kunft zu ertheilen. Zur Abstimmung darf jedoch bei Strafe der Nichtigkeit 
nicht eher geschritten werden, als bis der Präsident dat Zimmer der Ge- 
schwornen wieder verlassen hat. Der Präsident ist gehalten, dem Gerichtedie- 
ner schriftlichen Befehl zu geben, die Zugänge zu dem Zimmer der Geschwor- 
nen bewachen zu lassen. 
Der Gerichtshof kann den zuwiderhandelnden Geschwornen in eine Geld- 
buße bis zu 50 Thalern und jeden Andern, welcher den Befehl übertritt oder
	        
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