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herzogthumes in drei Kreise und mehre weit entfernte Parzellen. Die stimm-
fdhigen Einwohner dieser Kreise hätten (auf vier Distrikte vertheilt) genöthigt
werden müssen, zu größeren Versammlungen auf eigene Kosten mehrtägige
Reisen zu machen. Wie dieses den wirklich ganz Unbemittelten die Ausübung
ihres Stimmrechts unmöglich gemacht hatte, so hätte ein ahnliches Verhältniß
Statt gefunden, rücksichtlich aller, welche wegen der zum Theil dringenden und
unaufschiebbaren ländlichen Arbeiten entweder gar nicht oder nicht füglich ab-
kommen konnten. Alles zusammen genommen, wie es wirklich ist, nicht wie
man es sich im Reiche der Möglichkeit denkt, würde nur ein kleinerer
Theil der stimmfahigen Einwohner des Großherzogthumes sich auf einmal an
den Wahltagen eingefunden haben und schon darum würde die Wahl nur eine
sehr unzuverlässige Probe für die politischen Ansichten im ganzen Großherzog=
thume gewesen seyn. Darum hielt das Großherzogliche Staats-Ministerium
den vorgeschlagenen und vom Landtage verfassungsmäßig angenommenen Wahl-
Modus für denjenigen, der unter zwei nicht ganz vollkommenen den gegebenen
Verhältnissen nach das Meiste für sich habe. Diese Ansicht haält die Groß-
herzogliche Staatsregierung auch jetzt noch für die richtige und würde sie
verfolgen zu müssen glauben, wenn die Gesetzesvorlage dem Landtage erst noch
zu machen wäre.
Ganz abgesehen hiervon aber würde sich das Großherzogliche Staats-
Ministerium schon aus höheren Rücksichten nimmermehr für berechtiget halten,
seinem Fürsten den Rath zu ertheilen, ein eben erst verfassungsmäßig verab-
schiedetes Gesetz deßhalb sogleich wieder aufzuheben, (dazu bedürfte es ohnehin
der Zustimmung des Landtages), weil sich eine Mehrheit von Einzelnen dagegen
erklärt, in Versammlungen, deren Zusammensetzung oder deren Verhältniß zu
der Zahl der übrigen Bewohner derselben Orte man nicht übersehen kann.
Es würde dieses in seinen Konsequenzen zu einer vollständigen Entkraftung
unserer Verfassung führen und dem Gesetze alle Auktorität nehmen, welche
ihm heutzutage mehr als je nöthig ist. Dazu in irgend einer Weise mitzu-
wirken, würden die Männer, welche das Vertrauen ihres Fursten an die
Spitze der Staatsverwaltung gestellt hat, nicht glauben verantworten zu kön-
nen. Dieser Ueberzeugung würden sie bereitwillig auch ihren ehrenvollen Be-
ruf zum Opfer bringen.
Weimar am 17. April 1848.
Großherzoglich Sächssches Staats-Ministerium.
von Watzdorf. von Wuydenbrugk.
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