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Abschnitt V. Das Reichsgericht.
Artikel I.
g. 125.
Die dem Reiche zustehende Gerichtsbarkeit wird durch ein Reichsgericht
ausgeübt.
S#. 126.
Zur Zustandigkeit des Reichsgerichtes gehören:
a) Klagen eines Einzelstaates gegen die Reichsgewalt wegen Verletzung
der Reichsverfassung durch Erlassung von Reichsgesetzen und durch
Maßregeln der Reichsregierung, sowie Klagen der Reichsgewalt gegen
einen Einzelstaat wegen Verletzung der Reichsverfassung;
b) Streitigkeiten zwischen dem Staatenhause und dem Volkshause unter
sich und zwischen jedem von ihnen und der Reichsregierung, welche
die Auslegung der Reichsverfassung betreffen, wenn die streitenden
Theile sich vereinigen, die Entscheidung des Reichsgerichtes einzuholen;
I) politische und privat-rechtliche Streitigkeiten aller Art zwischen den ein-
zelnen deutschen Staaten;
d) Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfahigkeit und Regentschaft
in den Einzelstaaten;
ee) Streitigkeiten zwischen der Regierung eines Einzelstaates und dessen
Volksvertretung über die Gültigkeit oder Auslegung der Landesver-
fassung;
I) Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung des-
selben wegen Aufhebung oder verfassungswidriger Veränderung der
Landesverfassung;
Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung
wegen Verletzung der Landesverfassung können bei dem Reichögerichte
nur angebracht werden, wenn die in der Landesverfassung gegebenen
Mittel der Abhülfe nicht zur Amwendung gebracht werden können;
Klagen deutscher Staatsbürger wegen Verletzung der durch die Reichs-
verfassung ihnen gewahrten Rechte. Die näheren Bestimmungen über
den Umfang dieses Klagerechts und die Art und Weise, dasselbe gel-
tend zu machen, bleiben der Reichsgesetzgebung vorbehalten;
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