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Verstandessache sein: er hat seinen höchsten Zweck in der Herzens= und
Willensbildung, er soll das ganze Seelenleben mit der innigen Ueberzeugung
von den Wahrheiten der Religion durchdringen, die Gemüther zu Gott hin-
führen und eine feste Verbindung zwischen Gott und den Menschen begründen,
damit das heilige Bewußtsein derselben ein sicherer Grund der Sittlichkeit und
ein unversiegbarer Quell des Trostes und des Friedens für sie werde. Dieser
Zweck muß die ganze Behandlung des für den Religions-Unterricht gegebenen
Stoffes bedingen. Der Lehrer wird daher sein Streben nicht nur darauf zu
richten haben, der Jugend das erforderliche Wissen auch in diesem Unterrichts-
gegenstande beizubringen, sondern er wird den Werth dieses Unterrichts nach
dem Einflusse beurtheilen müssen, den er damit auf die Herzen der Kinder
gewonnen hat.
Der Lehrer soll Erzieher der Jugend sein; das Wissen, welches er seinen
Schülern beibringt, hat wohl für das äußere Leben schon mannichfachen Werth;
der hauptsächlichste Werth desselben aber liegt in der Bildung und Erhe-
bung des Geistes. Diese geistige Erhebung ist aber nicht blos intellektuelle
Ausbildung, sie schließt zugleich die sittliche Veredlung in sich, und diese ge-
deiht um so sicherer, je fester sie in tiefer Religiosität wurzelt. Die Erkenntniß
dieser Wahrheit soll dem Lehrer das lebendige Gefühl der hohen Bedeutung
seines Berufs einflößen, seine Thätigkeit über die einer bloßen Unterrichts-
ertheilung hoch erheben, sie befreien von ihrer Beschränkung auf den engen
Kreis der Schule und auf die kurze Zeit des Unterrichts und sie in der nimmer
ruhenden Sorge für die geistige Erhebung, für die Erziehung des ihm anver-
trauten Geschlechts erst mit dem Geiste durchdringen, der lebendig macht.
Von solchem Standpunkte aus wird der Lehrer auch nicht unterkassen
können, die ihm übergebene Ingend zum fleißigen und würdigen Besuche der
Stätte anzuhalten, wo insonderheit das religiöse Leben auferbaut werden soll.
Ein Lehrer, der da meinte, das sei nicht seines Amtes, würde damit eine gänz-
liche Verkennung seiner Aufgabe, und wenn er sich für ohnmächtig zur Be-
stimmung der Kinder zum Kirchenbesuch erklärte, seine Unfähigkeit zur erziehen-
den Thätigkeit überhaupt bekennen.
4) Bei jeder Schule sind zu führen:
a) ein Schülerbuch (Anlage B);
b) eine Zenfur-Tabelle (Anlage C);
) eine Schulversäumnißliste und
d) ein Tagebuch.
1875. 30