Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1875. (59)

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Aehnliches — von den Schulbehörden unnachsichtlich werde bestraft 
werden. 
c) Den Lehrern und Ortsschulaufsehern aber wird zur Pflicht gemacht, 
alle eignen Wahrnehmungen oder Anzeigen der gedachten Art gegen 
Schulkinder sorgfältig zu untersuchen und nach. Benachrichtigung der 
Eltern die Schuldigen zur Bestrafung zu bringen. 
d) Von dieser Verordnung haben die Ortsschulaufseher den Ortspolizei- 
behörden Kenntniß zu geben und dieselben um ihre Mitwirkung bei 
Beaufsichtigung der Schuljugend in Bezug auf deren Verhalten außer- 
halb der Schule zu ersuchen. 
e) Letzteres gilt insbesondere auch hinsichtlich der öffentlichen Tanz- 
belustigungen, von welchen nach Vorschrift des §. 4 der Ministerial- 
Verordnung vom 17. Mai 1873, Kinder fern zu halten sind, — eine 
Vorschrift, zu deren Durchführung die Ortspolizeibehörde geeignete 
Maßregeln, unter Umständen mit Strafandrohung verbunden, zu 
treffen verpflichtet ist. (Das Verbot des Besuchs öffentlicher Tanz- 
belustigungen wird auch auf die Fortbildungsschüler erstreckt.) 
10) Nach §. 55 des deutschen Strafgesetzbuchs ist es nicht gestattet, 
gegen Kinder unter 12 Jahren strafrechtlich einzuschreiten. Hierbei 
wird vorausgesetzt, daß bei Kindern unter 12 Jahren die Erziehung oder Zucht 
noch das Erforderliche leisten werde. Das Eintreten strenger Schulzucht ist 
daher die nothwendige Ergänzung zu der oben gedachten Bestimmung des 
Strafgesetzbuchs und die Schule, die vom Staat geleitete Anstalt der öffent- 
lichen Erziehung, hat durch die angemessene Einwirkung auf die sittliche Ent- 
wickelung der Jugend nicht minder als durch den von ihr ertheilten Unterricht 
den etwaigen Maugel an häuslicher Zucht zu ergänzen. Wenn daher Schul- 
kinder unter 12 Jahren außerhalb der Schule sich Verbrechen oder Vergehen 
zu Schulden kommen lassen, so haben die Schulvorstände unter Zuziehung der 
betreffenden Lehrer nach Feststellung des Thatbestandes zuvörderst zu ermitteln, 
ob die Eltern oder Vormünder im Stande und gewillt sind, wirksame Zucht 
zu üben. Hiernach ist zu entscheiden, ob und in welcher Weise die betreffenden 
Schulkinder auch noch einer nachhaltigen Schuldisziplin zu unterstellen sind. 
Selbstverständlich ist nicht anzunehmen, daß Strafen in solchen Fällen allein 
genügen. Es kommt darauf an, daß die Jugend in der Schule diejenigen 
sittlichen Motive in ihr Leben aufnehme, welche sie vor etwaigen Kouflikten 
mit dem bürgerlichen Gesetz am sichersten bewahren können.
	        
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