Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1875. (59)

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73] IV. Zur Regelung des Verfahrens, welches zu beobachten ist, wenn Per— 
sonen, die sich bei Gerichtsbehörden in Untersuchungs- oder Strafhaft be— 
finden, der Art erkranken, daß das fernere Verbleiben derselben in der 
Gefangenenanstalt unzulässig erscheint, wird von den beiden unterzeichneten 
Departements des Großherzoglichen Staats-Ministeriums hiermit Folgendes 
verordnet: 
Erscheint der Krankheitsfall der Art, daß die Verpflegung des kranken 
Gefangenen in der Gefangenenanstalt des Gerichts, sei es mit Rücksicht auf 
die Einrichtung derselben oder mit Rücksicht auf den Kranken selbst, durchaus 
unthunlich ist, so hat das Gericht 
a) wenn die Aussetzung der Haft bezüglich die einstweilige Entlassung 
des Gefangenen im Hinblick auf die Interessen der Strafrechtspflege unbedenk- 
lich erscheint (vergl. auch Art 354 der Strafprozeßordnung), solche mittelst 
förmlichen Beschlusses zu verfügen, gleichzeitig aber — vorausgesetzt natürlich, 
daß der Zustand des Kranken nicht erlaubt, ihn ohne Weiteres der Fürsorge 
für sich selbst oder der seiner Angehörigen zu überlassen — unter Nachrichts- 
ertheilung hiervon den Kranken der Fürsorge des Gemeindevorstandes am Ge- 
richtssitze zu überweisen, der als Vertreter der Gemeinde (des Ortsarmenver- 
bandes) nach §§. 28 und 30 bezüglich 60 des Reichsgesetzes über den Unter- 
stützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 und dem Landes-Ausführungs-Gesetz 
vom 23. Februar 1872 §§. 1 und 4 verpflichtet ist, sich der im Gemeinde- 
bezirke befindlichen hilfsbedürftigen Person vorläufig anzunehmen und ihr im 
Krankheitsfalle die nothwendige Pflege angedeihen zu lassen, über die Moda- 
lität dieser dem Hilfsbedürftigen zu gewährenden Unterstützung aber (Unter- 
bringung in Privatpflege, Aufnahme in ein städtisches oder Landkrankenhaus 2c.) 
zunächst zu befinden hat. Bis die Verfügung des Ortsgemeindevorstandes über 
den Kranken erfolgt ist, ist derselbe, soweit sein physischer Zustand dies erfor- 
dert, einstweilen in dem Gewahrsam des Gerichts zurückzubehalten und zu ver- 
pflegen, es ist jedoch, wenn jene Verfügung verzögert oder an unzulässige Be- 
dingungen geknüpft werden sollte, alsbald Beschwerde bei dem Großherzoglichen 
Bezirks-Direktor zu führen. 
b) Erscheint eine Aussetzung der Untersuchungshaft oder des Strafvoll- 
zugs aus justiziellen Gründen nicht zulässig, die Belassung des Kranken im 
Gefängniß aber gleichwohl unthunlich, so kann die Unterbringung des Gefan- 
genen in dem Landkrankenhause zu Jena, sei es in der medizinischen oder in 
der chirurgischen Abtheilung desselben, auch, da nöthig, im Isolirhause, in
	        
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