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dem andern vertragschließenden Theile zur Zeit des Vertragsabschlusses bekannt
war. Auch kann die alsbalvige Auflösung des von einem Minderjährigen abge-
schlossenen Dienstvertrags von seinem gesetzlichen Vertreter dann gefordert werden,
wenn durch die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Gesunvheit, Sittlichkeit, oder der
gute Ruf des Minderjährigen bedroht ist.
3) In allen Fällen; in welchen nach dem Vorstehenden (Ziff. 1 und 2), Minverjäh-
rige gültige Verträge schließen können, sind sie berechtigt, selbstständig vor Gericht
aufzutreten. Sie können sich dabei jedes Beistands oder Fürsprechers bedienen,
welcher vie allgemeine Fähigkeit hat, vor Gericht zu stehen, und es findet die dieß-
fällige Beschränkung ves IV. Organisations-Eoiktes vom 31. December 1818,
h. 75 hieher keine Anwendung.
Art. 4.
So weit das Aufhören der elterlichen Nutznießungsrechte an dem Vermögen der Kin-
der nach ver Bestimmung des Landrechts, Theil IV. Tit. IX. §. 2 durch das volljährige
Alter der Kinder bedingt ist, tritt diese Wirkung künftig gleichfalls mit dem in Art. 1 die-
ses Gesetzes bezeichneten Zeitpunkt, sowie durch sonstige Erlangung der Volljährigkeits-
rechte ein.
Die Dauer derjenigen Nutznießungsrechte, welche zu der Zeit, wo dieses Gesetz in
Wirksamkeit tritt, bereits begründet sind, ist nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen
zu beurtheilen.
« Art. 5.
Der die Minderjährigkeits-Dispensation betreffende Satz des Sporteltarifs vom
23. Juni 1828 (Reg. Blatt S. 520), wird dahin abgeändert, daß künftig für diese Dispen-
sationen eine Sportel von fünf bis- sechszig Gulden zu erheben ist.
Art. 6.
Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 15. Julius d. J. in Wirksamkeit.
Unsere Minister der Justiz und des Innern sind mit der Vollziehung dieses Gesetzes
beauftragt.
Gegeben, Friedrichshafen den 30. Juni 1865.
Karl.
Der provisorische Chef des Justiz-Departements: Auf Befehl des Königs,
Neuratb. Der Cabinets-Chef:
Der Minister des Innern: Egloffstein.
Geßler.