Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1865. (42)

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findet das Ministerinm sich veranlaßt, unter Bezugnahme auf den Inhalt der Eingangs 
erwähnten Verfügung“) die Oberschulbehörden, sowie die sämmtlichen Orts- und Bezirks— 
— 
  
*) Der vollständige Inhalt der Verfügung des Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 
18. Juni 1864 ist folgender: 
„.Um dem realistischen Unterricht in den Volksschulen eine gleichmäßige und geordnete, den 
Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende Pflege zu sichern, wird, nach Vernehmung der beiden Ober- 
schulbehörden über die diesfälligen Vorschläge der in Angelegenheiten der Volksschulen versammelt gewese- 
nen Commission, Nachstehendes verfügt: 
1) Der Unterricht in Realien, d. h. in Geschichte, Geographie, Naturgeschichte und Naturlehre, 
ist in jeder Volksschule zu ertheilen. 
2) Derselbe ist in den unteren und mittleren Klassen der Volksschule durch Anschauungsunterricht 
und durch Verwendung des bei den Leseübungen vorkommenden realistischen Stoffes gehörig vorzubereiten, 
in den Oberklassen aber selbstständig, jedoch im Anschlusse an das Volksschullesebuch zu betreiben und in 
den Winterabendschulen, beziehungsweise in den Sonntagsschulen in angemessener Weise weiter zu führen. 
3) In den Oberklassen solcher Stadtschulen, in welchen im Winter= und Sommerhalbjahr min- 
destens 26 Unterrichtsstunden wöchentlich ertheilt werden, sind für den Realunterricht das ganze Jahr 
hin durch wenigstens 2 Stunden wöchentlich auszusetzen. 
An allen übrigen Schulen sind hiefür in den Oberklassen im Winterhalbjahr wenigstens 2 Wochen- 
stunden und im Sommerhalbjahr mindestens 1½ Wo bbenstunden zu bestimmen. 
4) In jeder Gemeinde, wo die Verhältnisse die Einführung eines erweiterten Realunterrichts 
zulassen, ist von der Aufsichtsbehörde auf eine entsprechende Beschlußfassung Seitens der Ortsschulbehörde 
inzuwirken. 
hinz Wenn die Ortsschulbehörde demgemäß erweiterten Unterricht in den Realien für ihre Volks- 
schüler eintreten läßt, so hat der Lehrer diesen Unterricht innerhalb der Stundenzahl, zu welcher er nach 
den jeweils bestehenden allgemeinen Normen verpflichtet ist, ohne besondere Belohnung zu ertheilen. 
Werden zum Behufe dieses erweiterten Realunterrichts die wöchentlichen Unterrichtsstunden über 
jenes Zeitmaß binaus vermehrt, so hat der Lehrer für jede weitere Stunde die für den Abthei- 
lungsunterricht festgesetzte Belohnung anzusprechen. . 
Uebrigens ist den größeren Gemeinden, in welchen keine Realschule vorhanden ist oder neben dieser 
noch das Bedürfniß besteht, daß ein Theil der Volksschüler einen über die Aufgabe der gewöhnlichen 
Volksschule hinausreichenden Unterricht erhalte, die Errichtung sogenannter Mittelschulen dringend zu 
empfehlen, zu deren Unterhaltung den einzelnen Gemeinden im Falle obwaltenden Bedürfnisses Staats- 
beilräge in Aussicht steben. 
5) Für Anschaffung der zu einem angemessenen und anschaulichen realistischen Unterricht nöthigen 
Lehrmittel auf Rechnung des Schulfonds ist Sorge zu tragen. 
Auch ist der erwachsenen Jugend zu Erweiterung der in der Schule erworbenen realistischen 
Kenntnisse durch eigene Fortbildung Anlaß und Gelegenheit zu geben und deshalb insbesondere auf An- 
schaffung gemeinfaßlicher realistischer Schriften für die Ortsschulbibliotheken Bedacht zu nehmen. 
Sämmtlichen Schulaufsehern wird zur Pflicht gemacht, daß sie, unbeschadet der übrigen Unter- 
richtsfächer, ihren Einfluß insbesondere auch auf Einführung und zweckmäßige Behandlung des realisti- 
schen Unterrichts in den Volksschulen ausüben und ihm namentlich bei den Prüfungen ein sorgfältiges 
Augenmerk schenken. 
Das Ministerium behält sich vor, nach Verabschiedung des eingebrachten Schulgesetzesentwurfs, 
worin eine Vermehrung der von den Lehrern ohne Belohnung zu ertheilenden Wochenstunden vorgesehen 
ist, weitere Bestimmungen über den vorliegenden Gegenstand, sowie über den Unterricht in Formen= und 
Raumlehre mit Einschluß des Zeichnens zu erlassen und die erforderlichen Einleitungen zu Aufstellung eines 
die verschiedenen Unterrichtsaufgaben umfassenden Normallehrplans für die Volksschulen des Landes zu treffen. 
Indem das Ministerium den Oberschulbehörden die sofortige Vollziehung vorstehender Anord= 
nungen aufträgt, versieht dasselbe sich zu den Lehrern, wie zu den Orts= und Bezirks-Aufsichtsstellen, daß 
sie die genaue Beachtung dieser Bestimmungen sich zur Pflicht machen werden."“
	        
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