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Art. 311.
Wenn die Bestellung eines Faustpfandes unter Kaufleuten für eine Forderung aus
beiderseitigen Handelsgeschäften erfolgt, und schriftlich vereinbart ist, daß der Gläubiger
ohne gerichtliches Verfahren sich aus dem Pfande befriedigen könne, so darf, wenn der
Schuldner im Verzuge ist, der Gläubiger das Pfand öffentlich verkaufen lassen; er
darf in diesem Falle, wenn die verpfändeten Gegenstände einen Börsenpreis oder Markt-
preis haben, den Verkauf auch nicht öffentlich durch einen Handelsmäkler oder in Er-
mangelung eines solchen durch einen zu Versteigerungen befugten Beamten zum laufen-
den Preise bewirken. Von der Vollziehung des Verkaufes hat der Gläubiger den
Schuldner, soweit es thunlich, sofort zu benachrichtigen; bei Unterlassung der Anzeige
ist er zum Schadensersatze verpflichtet.
Art. 312.
Durch die vorhergehenden Artikel werden die den öffentlichen Pfandanstalten, Credit-
instituten oder Banken durch Gesetze, Verordnungen oder Statuten verliehenen besonderen
Rechte in Betreff der Bestellung oder Veräußerung von Pfändern nicht berührt.
Ingleichen ist durch die vorhergehenden Artikel nicht ausgeschlossen, daß die Be-
stellung oder die Veräußerung von Faustpfändern unter Kaufleuten für Forderungen aus
Handelsgeschäften rechtsgültig geschehen kann, wenn dabei die in den einzelnen Staaten
für die Bestellung oder Veräußerung von Faustpfändern geltenden Bestimmungen
beobachtet werden.
Art. 313.
Ein Kaufmann hat wegen der fälligen Forderungen, welche ihm gegen einen anderen
Kaufmann aus den zwischen ihnen geschlossenen beiderseitigen Handelsgeschäften zustehen,
ein Zurückbehaltungsrecht Retentionsrecht) an allen beweglichen Sachen und Werth-
papieren des Schuldners, welche mit dessen Willen auf Grund von Handelsgeschäften
in seinen Besitz gekommen sind, sofern er dieselben noch in seinem Gewahrsam hat oder
sonst, insbesondere vermittelst Connossemente, Ladescheine oder Lagerscheine, noch in der
Lage ist, darüber zu verfügen.
Dieses Recht tritt jedoch nicht ein, wenn die Zurückbehaltung der Gegenstände der
von dem Schuldner vor oder bei der Uebergabe ertheilten Vorschrift oder der von dem
Gläubiger übernommenen Verpflichtung, in einer bestimmten Weise mit den Gegen-
ständen zu verfahren, widerstreiten würde.