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§. 36.
Bei den Untersuchungen im Verwaltungswege werden die Betheiligten
mündlich verhört und ihre Aussagen zu Protokoll genommen.
§. 37.
Die Zustellungen und die Vorladungen geschehen durch die Beamten oder
Unterbeamten der Postanstalten, oder auf deren Requisition nach den für gericht-
liche Insinuationen bestehenden Vorschriften.
§. 38.
Die Zeugen sind verbunden, den an sie von den Postbehörden ergehenden
Vorladungen Folge zu leisten. Wer sich dessen weigert, wird dazu auf Requisition
der Postbehörden durch das Gericht in gleicher Art, wie bei gerichtlichen Vor-
ladungen, angehalten.
§. 39.
In Sachen, wo die zu verhängende Geldstrafe den Betrag von fünfzig
Thalern übersteigt, muß dem Angeschuldigten auf Verlangen eine Frist von
acht Tagen bis vier Wochen zur Einreichung einer schriftlichen Vertheidigung
gestattet werden.
§. 40.
Findet die Ober-Postdirektion etc. die Anwendung einer Strafe nicht be-
gründet, so verfügt sie die Zurücklegung der Akten und benachrichtigt hiervon
den Angeschuldigten.
§. 41.
Dem Strafbescheide müssen die Entscheidungsgründe beigefügt sein. Auch
ist darin der Angeschuldigte sowohl mit den ihm dagegen zustehenden Rechts-
mitteln (§. 42.), als auch mit der Straferhöhung, welche er beim Rückfalle
(§. 28.) zu erwarten hat, bekannt zu machen.
Der Strafbescheid ist durch die Postanstalt dem Angeschuldigten entweder
zu Protokoll zu publiziren oder in der für die Vorladung vorgeschriebenen Form
zu insinuiren.
§. 42.
Der Angeschuldigte kann, wenn er von der Befugniß zur Berufung auf
richterliche Entscheidung keinen Gebrauch machen will, gegen den Strafbescheid
den Rekurs an die der Ober-Postdirektion etc. vorgesetzte Behörde ergreifen.
Dies muß jedoch binnen zehn Tagen präklusivischer Frist nach der Eröffnung
des Strafbescheides geschehen und schließt fernerhin jedes gerichtliche Verfahren
aus. Der Rekurs ist durch Anmeldung bei einer Postbehörde gewahrt.
Wenn mit der Anmeldung des Rekurses nicht zugleich dessen Rechtferti-
gung verbunden ist, so wird der Angeschuldigte durch die Postanstalt aufgefordert,
die Ausführung seiner weiteren Vertheidigung in einem nicht über vier Wochen
hinaus anzusetzenden Termine zu Protokoll zu geben oder bis dahin schriftlich
einzureichen.
Reichs-Gesetzbl. 1871. 65 §. 43.