Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1872. (6)

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ablehnt, so hat der Schiffer die Ablieferung bei demsenlgen Seemannsamt zu 
bewirken, bei welchem es anderweit zuerst geschehen kann. 
In dringenden Fällen ist der Schiffer, wenn im Auslande ein Seemanns- 
amt nicht rechtzeitig angegangen werden kann, ermächtigt, den Thäter der frem- 
den Behörde behufs dessen Uebermittelung an die zuständige Behörde des Hei- 
mathshafens zu übergeben. Hiervon hat er bei demjenigen Seemannsamt, bei 
welchem es zuerst geschehen kann, Anzeige zu machen. 
Sechster Abschnitt. 
Allgemeine Bestimmungen. 
§. 104. 
Jedes Seemannsamt ist verpflichtet, die gütliche Ausgleichung der zu seiner 
Kernntniß gebrachten, zwischen dem Schiffer und dem Schiffsmanne bestehenden 
Streitigkeiten zu versuchen. Insbesondere hat das Seemannsamt, vor welchem 
die Abmusterung des Schiffsmannes erfolgt, hinsichtlich solcher Streitigkeiten 
einen Güteversuch zu veranstalten. 
§. 105. 
Der Schiffsmann darf den Schiffer vor einem fremden Gericht nicht be- 
langen. Handelt er dieser Bestimmung zuwider, so ist er nicht allein für den 
daraus entstehenden Schaden verantwortlich, sondern er wird außerdem der bis 
dahin verdienten Heuer verlustig. 
Er kann in Fällen, die keinen Aufschub leiden, die vorläufige Entscheidung 
des Seemannsamtes nachsuchen. Die Gelegenheit hierzu darf der Schiffer ohne 
dringenden Grund nicht versagen. 
Jeder Theil hat die Entscheidung des Seemannsamtes einstweilen zu be- 
folgen, vorbehaltlich der Befugniß, nach Beendigung der Reise seine Rechte vor 
der zuständigen Behörde geltend zu machen. 
Im Falle eines Zwangsverkaufs des Schiffes finden die Bestimmungen 
des ersten Absatzes auf die Geltendmachung der Forderungen des Schiffsmanns 
aus dem Dienst- oder Heuervertrage keine Anwendung. 
 §. 106. 
Im Inlande wird der Streit zwischen dem Schiffer und dem Schiffsmann, 
welcher nach der Anmusterung über den Antritt oder die Fortsetzung des Dienstes 
entsteht, von dem Seemannsamt unter Vorbehalt des Rechtsweges entschieden. 
Die Entscheidung des Seemannsamtes ist vorläufig vollstreckbar. 
§. 107. 
Die nach den Bestimmungen des V. Abschnittes festgesetzten oder erkannten 
Geldstrafen fließen der Seemannskasse und in Ermangelung einer solchen der 
Orts-Armenkasse des Heimathshafens des Schiffes, welchem der Thäter zur Zeit
	        
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