Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1872. (6)

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der Nordsee oder der Ostsee bestimmt ist, ist verpflichtet, deutsche Seeleute, welche 
im Auslande sich in hülfsbedürftigem Zustande befinden, behufs ihrer Zurück- 
beförderung nach Deutschland auf schriftliche Anweisung des Seemannsamtes 
gegen eine Entschädigung (§. 5) nach seinem Bestimmungshafen mitzunehmen. 
In Ansehung ausländischer Seeleute, welche unmittelbar nach einem Dienste 
auf einem deutschen Kauffahrteischiffe außerhalb Deutschlands sich in einem hülfs- 
bedürftigen Zustande befinden, liegt den nach deren Heimathslande bestimmten 
deutschen Kauffahrteischiffen eine gleiche Verpflichtung ob. 
Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen kann der Schiffer vom Seemannsamt 
zwangsweise angehalten werden. 
§. 2. 
Bieten mehrere Schiffe Gelegenheit zur Mitnahme, so sind die zu beför- 
dernden Seeleute durch das Seemannsamt nach Verhältniß der Größe der Schiffe 
und der Zahl ihrer Mannschaften auf die einzelnen Schiffe zu vertheilen. 
§. 3. 
Die Mitnahme kann verweigert werden: 
1) wenn und soweit an Bord kein angemessener Platz für die Mitzuneh- 
menden vorhanden ist; 
2) wenn der Mitmnehmende bettlägerig krank oder mit einer syphilitischen 
oder einer sonstigen, die Gesundheit oder Sicherheit der Mannschaft ge- 
fährdenden Krankheit behaftet ist, oder wegen eines Vergehens oder Ver- 
brechens zurückbefördert werden soll; 
3) wenn und soweit die Zahl der Mitzunehmenden ein Viertheil der Schiffs- 
mannschaft übersteigt; 
4) wenn die Mitnahme nicht mindestens zwei Tage vor dem Zeitpunkt ver- 
langt wird, an welchem das Schiff zum Abgehen fertig ist. 
Die Entscheidung über den Grund der Weigerung steht dem Seemanns. 
amt zu. §. 4. 
Während der Reise erhält der Mitgenommene Kost und Logis von Seiten 
des Schiffs. Er ist der Disziplinargewalt des Schiffers unterworfen. 
§. 5. 
Die Entschädigung (§. 1) beträgt, in Ermangelung der Vereinbarung über 
einen geringeren Satz, für jeden Tag des Aufenthalts an Bord: 
1) für einen Schiffer, einen Steuermann, einen Arzt, einen Maschinisten 
oder den Assistenten eines solchen, einen Proviant- oder Zahlmeister 
einen Thaler auf Segelschiffen und einen und einen halben Thaler auf 
Dampfschiffen 
2) für jeden anderen Seemann einen halben Thaler auf Segelschiffen und 
zwei Drittel Thaler auf Dampfschiffen. 
Reichs-Gesetzbl. 1872   62
	        
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