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Neunter Abschnitt.
Meineid.
§. 153.
Wer einen ihm zugeschobenen, zurückgeschobenen oder auferlegten Eid
wissentlich falsch schwört, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.
§. 154.
Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher vor einer zur Abnahme von Eiden
zuständigen Behörde wissentlich ein falsches Zeugniß oder ein falsches Gutachten
mit einem Eide bekräftigt oder den vor seiner Vernehmung geleisteten Eid wis-
sentlich durch ein falsches Zeugniß oder ein falsches Gutachten verletzt.
Ist das falsche Zeugniß oder Gutachten in einer Strafsache zum Nachtheile
eines Angeschuldigten abgegeben und dieser zum Tode, zu Zuchthaus oder zu
einer anderen mer als fünf Jahre betragenden Freiheitsstrafe verurtheilt worden,
so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein.
§. 155.
Der Ableistung eines Eides wird gleich geachtet, wenn
1) ein Mitglied einer Religionsgesellschaft, welcher das Gesetz den Gebrauch
gewisser Betheuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, eine Er-
klärung unter der Betheuerungsformel seiner Religionsgesellschaft abgibt;
2) derjenige, welcher als Partei, Zeuge oder Sachverständiger einen Eid
geleistet hat, in gleicher Eigenschaft eine Versicherung unter Berufung
auf den bereits früher in derselben Angelegenheit geleisteten Eid abgibt,
oder ein Sachverständiger, welcher als solcher ein- für allemal vereidet
ist, eine Versicherung auf den von ihm geleisteten Eid abgibt;
3) ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Berufung auf seinen
Diensteid abgibt. §. 156
Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eidesstatt zuständigen
Behörde eine solche Versicherung wissentlich falsch abgibt oder unter Berufung
auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit Gefängniß von
Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.
§. 157.
Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineides (§§. 154, 155
oder einer falschen Versicherung an Eidesstatt schuldig gemacht, so ist die an sich
verwirkte Strafe auf die Hälfte bis ein Viertheil zu ermäßigen, wenn
1) die Angabe der Wahrheit gegen ihn selbst eine Verfolgung wegen eines
Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen konnte, oder
2) der Aussagende die falsche Aussage zu Gunsten einer Person, rücksicht-
lich welcher er die Aussage ablehnen durfte, erstattet hat, ohne über
sein Recht, die Aussage ablehnen zu dürfen, belehrt worden zu sein.