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§. 105.
Die bei einem obersten Landesgerichte zugelassenen Rechtsanwälte sind
Mitglieder der Anwaltskammer, in deren Bezirke das Gericht seinen Sitz hat.
§. 106.
Die erste Versammlung der Anwaltskammern findet zur Wahl der Mit-
glieder des Vorstandes binnen drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes statt.
Die Versammlung wird von dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, bei
dem Reichsgerichte von dem Präsidenten des letzteren berufen. Den Vorsitz
in derselben führt der Präsident oder ein von ihm beauftragtes Mitglied des
Gerichts.
Der Vorsitzende ernennt für die Versammlung aus deren Mitte einen
Schriftführer.
§. 107.
Den zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorhandenen Rechts-
anwälten (Anwälten, Advokaten, Advokatanwälten, Prokuratoren) kann die
Zulassung bei einem Landesgerichte, in dessen Bezirke sie bisher ihren Wohnsitz
hatten, nicht versagt werden, wenn sie dieselbe vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes oder binnen drei Monaten nach demselben beantragen.
Dieselben sind, sofern sie die Zulassung bei dem Landgericht ihres Wohn-
sitzes beantragen, befugt, ihren bisherigen Wohnsitz beizubehalten.
Eine nochmalige Beeidigung dieser Rechtsanwälte findet nicht statt.
Den zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorhandenen Rechts-
anwälten, welche bei den an ihrem Wohnsitze befindlichen mehreren Kollegial-
gerichten die Anwaltschaft auszuüben berechtigt sind, kann die gleichzeitige Zu-
lassung bei den an demselben Orte an die Stelle der bisherigen tretenden
Kollegialgerichten nicht versagt werden, wenn sie dieselbe vor dem Inkrafttreten
dieses Gesetzes beantragen. Durch landesherrliche Verordnung kann in diesem
Falle für einzelne Orte die gleichzeitige Zulassung bei mehreren Kollegialgerichten
ausgeschlossen werden.
§. 108.
Diejenigen, welche zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Fähigkeit
zur Rechtsanwaltschaft erlangt haben, können zur Rechtsanwaltschaft zugelassen
werden, auch wenn sie die Fähigkeit zum Richteramte nicht erlangt haben.
Dieselben haben nach Maßgabe des §. 4 ein Recht auf Zulassung bei den
Gerichten des Bundesstaats, in welchem sie die Fähigkeit zur Rechtsanwalt-
schaft erlangt haben.
Die Zulassung eines solchen zum Richteramte nicht befähigten Antragstellers
kann auch dann versagt werden, wenn dieselbe nicht vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes oder binnen drei Monaten nach demselben oder, falls der Antragsteller
zu dieser Zeit ein Amt bekleidet, mit welchem die Rechtsanwaltschaft nicht ver-
einbar ist, nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem Ausscheiden aus diesem
Amte beantragt wird.