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Reichs-Gesetzblatt.
No. 24.
Inhalt: Gesetz, betreffend die Gewerbegerichte. S. 141.
(Nr. 1913.) Gesetz, betreffend die Gewerbegerichte. Vom 29. Juli 1890.
Wir ,Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, was folgt:
1 Erster Abschnitt.
Errichtung und Zusammensetzung der Gewerbegerichte.
§. 1.
Für die Entscheidung von gewerblichen Streitigkeiten zwischen Arbeitern
einerseits und ihren Arbeitgebern andererseits, sowie zwischen Arbeitern desselben
Arbeitgebers können Gewerbegerichte errichtet werden.
Die Errichtung erfolgt für den Bezirk einer Gemeinde durch Ortsstatut
nach Maßgabe des §. 142 der Gewerbeordnung. Die Entscheidung der höheren
Verwaltungsbehörde über die Genehmigung des Statuts ist binnen sechs Monaten
zu ertheilen. Die Entscheidung, durch welche die Genehmigung versagt wird,
muß mit Gründen versehen sein.
Mehrere Gemeinden können sich durch übereinstimmende Ortsstatuten zur
Errichtung eines gemeinsamen Gewerbegerichts für ihre Bezirke vereinigen. Für
die Genehmigung der übereinstimmenden Ortsstatute ist die höhere Verwaltungs-
behörde zuständig, in deren Bezirk das Gewerbegericht seinen Sitz haben soll.
Imgleichen kann ein Gewerbegericht für den Bezirk eines weiteren Kom-
munalverbandes errichtet werden. Die Errichtung erfolgt in diesem Falle nach
Maßgabe der Vorschriften, nach welchen Angelegenheiten des Verbandes statutarisch
geregelt werden. Die Zuständigkeit eines solchen Gerichts ist ausgeschlossen, so-
weit die Zuständigkeit eines für eine oder mehrere Gemeinden des Bezirks be-
stehenden oder später errichteten Gewerbegerichts begründet ist.
Reichs-Gesetzbl. 1890. 35
Ausgegeben zu Berlin den 5. August 1890.