Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1894. (28)

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                                                §. 27. 
Der Lauf der zweijährigen Frist (§. 22) ruht während der Dauer der 
von einem Armenverbande gewährten öffentlichen Unterstützung. 
Er wird unterbrochen durch den von einem Armenverbande auf Grund 
der Bestimmung im §. 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. No- 
vember 1867 gestellten Antrag auf Anerkennung der Verpflichtung zur Ueber- 
nahme eines Hülfsbedürftigen. Die Unterbrechung erfolgt mit dem Tage, an 
welchem der also gestellte Antrag an den betreffenden Armenverband oder an 
die vorgesetzte Behörde eines der betheiligten Armenverbände abgesandt ist. 
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Antrag nicht innerhalb 
zweier Monate weiter verfolgt, oder wenn derselbe erfolglos geblieben ist. 
                                     §. 28. 
Jeder hülfsbedürftige Norddeutsche muß vorläufig von demjenigen Ort-  
armenverbande unterstützt werden, in dessen Bezirk er sich bei dem Eintritt der 
Hülfsbedürftigkeit befindet. Die vorläufige Unterstützung erfolgt vorbehaltlich 
des Anspruchs auf Erstattung der Kosten beziehungsweise auf Uebernahme des 
Hülfsbedürftigen gegen den hierzu verpflichteten Armenverband. 
                              §. 29. 
Wenn Personen, welche gegen Lohn oder Gehalt in einem Dienst= oder 
Arbeitsverhältniß stehen, oder deren ihren Unterstützungswohnsitz theilende An- 
gehörige, oder wenn Lehrlinge am Dienst= oder Arbeitsorte erkranken, so hat der 
Ortsarmenverband dieses Ortes die Verpflichtung, den Erkrankten die erforderliche 
Kur und Verpflegung zu gewähren. 
Ein Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kur= und Verpflegungs- 
kosten beziehungsweise auf Uebernahme des Hülfsbedürftigen gegen einen anderen 
Armenverband erwächst in diesen Fällen nur, wenn die Krankenpflege länger als 
dreizehn Wochen fortgesetzt wurde, und nur für den über diese Frist hinaus- 
gehenden Zeitraum. 
Dem zur Unterstützung an sich verpflichteten Armenverbande muß spätestens 
sieben Tage vor Ablauf des dreizehnwöchentlichen Zeitraums Nachricht von der 
Erkrankung gegeben werden, widrigenfalls die Erstattung der Kosten erst von 
dem, sieben Tage nach dem Eingange der Nachricht beginnenden Zeitraume an 
gefordert werden kann. 
Die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn 
das Dienst= oder Arbeitsverhältniß, durch welches der Aufenthalt am Dienst- 
oder Arbeitsorte bedingt wurde, nach seiner Natur oder im Voraus durch Vertrag 
auf einen Zeitraum von einer Woche oder weniger beschränkt ist. 
Schwangerschaft an sich ist nicht als eine Krankheit im Sinne der vor- 
stehenden Bestimmung anzusehen. 
Reichs-Gesetzbl. 1894. 40 
§. 28. Pflichten und Rechte 
der Armenverbände.
	        
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