Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 1632. 
Die Sorge für die Person des Kindes umfaßt das Recht, die Herausgabe 
des Kindes von Jedem zu verlangen, der es dem Vater widerrechtlich vorenthält. 
§. 1633. 
Ist eine Tochter verheirathet, so beschränkt sich die Sorge für ihre Person 
auf die Vertretung in den die Person betreffenden Angelegenheiten. 
§. 1634. 
Neben dem Vater hat während der Dauer der Ehe die Mutter das Recht 
und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Vertretung des Kindes 
ist sie nicht berechtigt, unbeschadet der Vorschrift des §. 1685 Abs. 1 Bei einer 
Meinungsverschiedenheit zwischen den Eltern geht die Meinung des Vaters vor. 
§. 1635. 
Ist die Ehe aus einem der in den §§. 1565 bis 1568 bestimmten Gründe 
geschieden, so steht, solange die geschiedenen Ehegatten leben, die Sorge für die 
Person des Kindes, wenn ein Ehegatte allein für schuldig erklärt ist, dem anderen 
Ehegatten zu; sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für 
einen Sohn unter sechs Jahren oder für eine Tochter der Mutter, für einen 
Sohn, der über sechs Jahre alt ist, dem Vater zu. Das Vormundschaftsgericht kann 
eine abweichende Anordnung treffen, wenn eine solche aus besonderen Gründen im 
Interesse des Kindes geboten ist; es kann die Anordnung aufheben, wenn sie nicht 
mehr erforderlich ist. 
Das Recht des Vaters zur Vertretung des Kindes bleibt unberührt. 
§. 1636. 
Der Ehegatte, dem nach §. 1635 die Sorge für die Person des Kindes nicht 
zusteht, behält die Befugniß, mit dem Kinde persönlich zu verkehren. Das Vor- 
mundschaftsgericht kann den Verkehr näher regeln. 
§. 1637. 
Ist die Ehe nach §. 1348 Abs. 2 aufgelöst, so gilt in Ansehung der Sorge 
für die Person des Kindes das Gleiche, wie wenn die Ehe geschieden ist und beide 
Ehegatten für schuldig erklärt sind. 
§. 1638. 
Das Recht und die Pflicht, für das Vermögen des Kindes zu sorgen 
(Vermögensverwaltung), erstreckt sich nicht auf das Vermögen, welches das Kind 
von Todeswegen erwirbt oder welches ihm unter Lebenden von einem Dritten 
unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung, der 
Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb der Verwaltung des 
Vaters entzogen sein soll. 
Was das Kind auf Grund eines zu einem solchen Vermögen gehörenden 
Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Etziehing eines zu 
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