Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 1794. 
Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die Person und das Vermögen 
des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Mündels, für 
die ein Pfleger bestellt ist. 
§. 1795. 
Der Vormund kann den Mündel nicht vertreten: 
1. bei einem Rechtsgeschäfte zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Ver- 
wandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, es sei 
denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Ver- 
bindlichkeit besteht; 
2. bei einem Rechtsgeschäfte, das die Uebertragung oder Belastung einer durch 
Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels 
gegen den Vormund oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit 
zum Gegenstande hat oder die Verpflichtung des Mündels zu einer solchen 
Uebertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung begründet; 
3. bei einem Rechtsstreite zwischen den in Nr. 1 bezeichneten Personen sowie 
bei einem Rechtsstreit über eine Angelegenheit der in Nr. 2 bezeichneten Art. 
Die Vorschrift des §. 181 bleibt unberührt. 
§. 1796. 
Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde die Vertretung für einzelne 
Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen. 
Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem 
Interesse des Vormundes oder eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der 
im §. 1795 Nr. 1 bezeichneten Personen in erheblichem Gegensatze steht. 
§. 1797. 
Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Bei einer 
Meinungsverschiedenheit entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern nicht bei der 
Bestellung ein Anderes bestimmt wird. 
Das Vormundschaftsgericht kann die Führung der Vormundschaft unter mehrere 
Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen vertheilen. Innerhalb des ihm über- 
wiesenen Wirkungskreises führt jeder Vormund die Vormundschaft selbständig. 
Bestimmungen, die der Vater oder die Mutter für die Entscheidung von 
Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten Vormündern und für 
die Vertheilung der Geschäfte unter diese nach Maßgabe des §. 1777 getroffen hat, 
sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht ihre Befolgung das 
Interesse des Mündels gefährden würde. 
§. 1798. 
Steht die Sorge für die Person und die Sorge für das Vermögen des Mündels 
verschiedenen Vormündern zu, so entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit über die 
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