Fünfter Abschnitt.
Nachlaß= und Theilungssachen.
§. 72.
Für die dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte
zuständig.
§. 73.
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitze, den der Erblasser
zur Zeit des Erbfalls hatte; in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ist das
Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen
Aufenthalt hatte.
Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inlande
weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der
Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen
Wohnsitzes wird das zuständige Amtsgericht, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls
einem Bundesstaat angehörte, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem
Reichskanzler bestimmt.
Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inlande
weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist jedes Gericht, in dessen Bezirke sich Nachlaß-
gegenstände befinden, in Ansehung aller im Inlande befindlichen Nachlaßgegenstände
zuständig. Die Vorschriften des §. 2369 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden
Anwendung.
$. 74.
Für die Sicherung des Nachlasses ist jedes Amtsgericht zuständig, in dessen
Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt. Das Gericht soll von den an—
geordneten Maßregeln dem nach §. 73 zuständigen Nachlaßgerichte Mittheilung machen.
§. 75.
Auf die Nachlaßpflegschaft finden die für Vormundschaftssachen geltenden Vor-
schriften dieses Gesetzes Anwendung. Unberührt bleiben die Vorschriften über die
Zuständigkeit des Nachlaßgerichtsz das Nachlaßgericht kann jedoch die Pflegschaft nach
Maßgabe des §. 46 an ein anderes Nachlaßgericht abgeben.
§. 76.
Gegen eine Verfügung, durch die dem Antrage des Erben, die Nachlaßverwaltung
anzuordnen, stattgegeben wird, ist die Beschwerde unzulässig.
Gegen eine Verfügung, durch die dem Antrag eines Nachlaßgläubigers, die
Nachlaßverwaltung anzuordnen, stattgegeben wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
Die Beschwerde steht nur dem Erben, bei Miterben jedem Erben, sowie dem Testaments-
vollstrecker zu, welcher zur Verwaltung des Nachlasses berechtigt ist.
Reichs-Gesetzbl. 1898. 115