Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

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Nach voraufgegangener Desinfektion mittelst Formaldehyds können nur die 
Wände, die Zimmerdecke, die freien glatten Flächen der Geräthschaften als desinfizirt 
gelten. Alles Uebrige, namentlich alle diejenigen Theile, welche Risse und Fugen 
aufweisen, sind gemäß den vorstehend gegebenen Vorschriften zu desinfiziren. 
8. Gegenstände von Leder, Holz= und Metalltheile von Möbeln sowie ähnliche 
Gegenstände werden sorgfältig und wiederholt mit Lappen abgerieben, die mit ver- 
dünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (la) befeuchtet sind. Die gebrauchten 
Lappen sind zu verbrennen. 
Pelzwerk wird auf der Haarseite bis auf die Haarwurzel mit verdünntem 
Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) durchweicht. Nach zwölfstündiger Ein- 
wirkung derselben darf es ausgewaschen und weiter gereinigt werden. 
Plüsch= und ähnliche Möbelbezüge werden nach Ziffer 3 und 4 desinfizirt oder 
mit verdünntem Kresolwasser oder Kabolsäurelösung (la) durchfeuchtet, feucht ge- 
bürstet und mehrere Tage hinter einander gelüftet und dem Sonnenlicht ausgesetzt. 
9. Gegenstände von geringem Werthe (Inhalt von Strohsäcken, gebrauchte 
Lappen und dergl.) sind zu verbrennen. 
10. Etwa aufgefundene Kadaver von Nagethieren, namentlich von Ratten und 
Mäusen, sind in feuchte, mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (La) 
getränkte Lappen einzuschlagen, ohne daß sie dabei mit den bloßen Fingern be- 
rührt werden; alsdann sind dieselben durch gründliches Auskochen — mindestens 
eine Stunde lang — unschädlich zu machen oder besser sofort zu verbrennen, 
oder, wenn beides nicht durchführbar, in einer hinreichend tiefen Grube, mit 
Kalkmilch reichlich übergossen, zu verscharren. 
11. Durch Ausscheidungen von Kranken beschmutzte Erde, Pflaster sowie 
Rinnsteine, ferner der Platz, auf welchem Rattenkadaver gefunden wurden, 
werden durch Uebergießen mit verdünntem Kresolwasser (la) oder Kalkmilch (al) 
desinftzirt. 
12. Soll sich die Desinfektion auch auf Personen erstrecken, so ist dafür 
Sorge zu tragen, daß dieselben ihren ganzen Körper mit Seife abwaschen und 
ein vollständiges Bad nehmen. Kleider und Effekten derselben sind nach Ziffer 3 
und 4 zu behandeln. 
13. Die Leichen der an Pest Gestorbenen sind in Tücher zu hüllen, welche 
mit einer der unter Ila aufgeführten desinfizirenden Flüssigkeiten getränkt sind, 
und alsdann in dichte Särge zu legen, welche am Boden mit einer reichlichen 
Schicht Sägemehl, Torfmull oder anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind. 
14. Die Desinfektion des Kiel-(Bilge-), Raumes der im Fluß= und Binnen- 
schiffahrtsverkehre benutzten Fahrzeuge, die Desinfektion des Ballastwassers und 
des etwa infizirten Trinkwassers ist nach den Vorschriften über die gesundheits- 
polizeiliche Kontrole der einen deutschen Hafen anlaufenden Seeschiffe zu bewirken. 
15. Abweichungen von den Vorschriften unter Ziffer 1 bis 14 sind zulässig, 
soweit nach dem Gutachten des beamteten Arztes die Wirkung der Desinfektion 
gesichert ist. 
  
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