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Der Betrieb der Eisenbahn kann im Wege eines schriftlichen Vertrags an
eine andere Person oder Gesellschaft verpachtet werden; ein solcher Vertrag bedarf
der Genehmigung des Reichskanzlers.
§ 5.
Die Benutzung der Bahn ist jedermann unter gleichen Bedingungen zu
gewähren. Insbesondere haben die angesetzten Beförderungspreise gleichmäßig
für alle Personen oder Güter derselben Art Anwendung zu finden. Erleichterungen
der Beförderung, welche nicht unter Erfüllung der gleichen Bedingungen jedermann
zugute kommen, sind unzulässig.
Die Gesellschaft ist auf Verlangen des Reichskanzlers verpflichtet, anderen
Unternehmern den Anschluß an die Bahn mittels Privatanschlußgleisen oder
Anschlußbahnen gegen Ersatz der der Gesellschaft daraus erwachsenden Kosten zu
gestatten, sofern die Gesellschaft die Anschlußgleise oder Anschlußbahnen nicht
binnen angemessener Frist selbst herstellt. Auch ist die Gesellschaft verpflichtet,
auf den anschließenden Privatanschlußgleisen den Betrieb unter Beistellung der
erforderlichen Transportmittel, gegen angemessene Vergütung zu übernehmen und
ferner den Ubergang geeigneter Transportmittel der Privatanschlußbahnen ebenfalls
gegen angemessene Vergütung zu gestatten. Die Vergütung ist im Streitfalle
von dem Reichskanzler festzusetzen.
§ 6.
Vertragsverletzung.
Falls die Gesellschaft gegen eine der ihr in dieser Urkunde auferlegten Ver-
pflichtungen schuldhaft verstößt und der ihr vom Reichskanzler erteilten An-
weisung, diesen Verstoß gut zu machen, nicht in angemessener Frist folgt, so
kann sie für die durch ihr Verhalten dem Verkehre zugefügten Nachteile auf
Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags in Anspruch genommen werden.
Darüber, ob ein Verschulden der Gesellschaft vorliegt, und darüber, ob
sie der infolge eines solchen schuldhaften Verstoßes erteilten Anweisung nicht ent-
sprechend nachgekommen ist, sowie darüber, wie hoch sich der für die entstandenen
Nachteile zu zahlende Geldbetrag beläuft, entscheidet endgültig ein nach § 7 zu
bildendes Schiedsgericht. Alle hiernach von der Gesellschaft etwa zu zahlenden
Beträge sind an die Kasse des Kaiserlichen Gouvernements abzuführen.
Hat ein Verschulden der Gesellschaft bei der Erfüllung der ihr in dieser
Urkunde auferlegten Verpflichtungen zur Folge, daß die Eisenbahnstrecke nicht
rechtzeitig gebaut oder nicht betrieben werden kann, so ist der Reichskanzler befugt,
auf Kosten der Gesellschaft den Bau oder Weiterbau der Bahn und die Ein-
richtung oder Fortführung des Betriebs einem Dritten zu übertragen oder selbst
zu übernehmen. Über die Frage, ob ein solches Verschulden der Gesellschaft
vorliegt, entscheidet ebenfalls endgültig ein nach § 7 dieser Urkunde zu bildendes
Schiedsgericht.