Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1906. (40)

                                                      — 530 — 
     Der Betrieb der Eisenbahn kann im Wege eines schriftlichen Vertrags an 
eine andere Person oder Gesellschaft verpachtet werden; ein solcher Vertrag bedarf 
der Genehmigung des Reichskanzlers. 
                                                       § 5. 
   Die Benutzung der Bahn ist jedermann unter gleichen Bedingungen zu 
gewähren. Insbesondere haben die angesetzten Beförderungspreise gleichmäßig 
für alle Personen oder Güter derselben Art Anwendung zu finden. Erleichterungen 
der Beförderung, welche nicht unter Erfüllung der gleichen Bedingungen jedermann 
zugute kommen, sind unzulässig. 
Die Gesellschaft ist auf Verlangen des Reichskanzlers verpflichtet, anderen 
Unternehmern den Anschluß an die Bahn mittels Privatanschlußgleisen oder 
Anschlußbahnen gegen Ersatz der der Gesellschaft daraus erwachsenden Kosten zu 
gestatten, sofern die Gesellschaft die Anschlußgleise oder Anschlußbahnen nicht 
binnen angemessener Frist selbst herstellt. Auch ist die Gesellschaft verpflichtet, 
auf den anschließenden Privatanschlußgleisen den Betrieb unter Beistellung der 
erforderlichen Transportmittel, gegen angemessene Vergütung zu übernehmen und 
ferner den Ubergang geeigneter Transportmittel der Privatanschlußbahnen ebenfalls 
gegen angemessene Vergütung zu gestatten. Die Vergütung ist im Streitfalle 
von dem Reichskanzler festzusetzen. 
                                                           §  6. 
                                               Vertragsverletzung. 
    Falls die Gesellschaft gegen eine der ihr in dieser Urkunde auferlegten Ver- 
pflichtungen schuldhaft verstößt und der ihr vom Reichskanzler erteilten An- 
weisung, diesen Verstoß gut zu machen, nicht in angemessener Frist folgt, so 
kann sie für die durch ihr Verhalten dem Verkehre zugefügten Nachteile auf 
Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags in Anspruch genommen werden. 
Darüber, ob ein Verschulden der Gesellschaft vorliegt, und darüber, ob 
sie der infolge eines solchen schuldhaften Verstoßes erteilten Anweisung nicht ent- 
sprechend nachgekommen ist, sowie darüber, wie hoch sich der für die entstandenen 
Nachteile zu zahlende Geldbetrag beläuft, entscheidet endgültig ein nach § 7 zu 
bildendes Schiedsgericht. Alle hiernach von der Gesellschaft etwa zu zahlenden 
Beträge sind an die Kasse des Kaiserlichen Gouvernements abzuführen. 
Hat ein Verschulden der Gesellschaft bei der Erfüllung der ihr in dieser 
Urkunde auferlegten Verpflichtungen zur Folge, daß die Eisenbahnstrecke nicht 
rechtzeitig gebaut oder nicht betrieben werden kann, so ist der Reichskanzler befugt, 
auf Kosten der Gesellschaft den Bau oder Weiterbau der Bahn und die Ein- 
richtung oder Fortführung des Betriebs einem Dritten zu übertragen oder selbst 
zu übernehmen. Über die Frage, ob ein solches Verschulden der Gesellschaft 
vorliegt, entscheidet ebenfalls endgültig ein nach § 7 dieser Urkunde zu bildendes 
Schiedsgericht.
	        
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