-- 587 --
Die Lagerstellen von Kranken oder von Verstorbenen und die in der Um-
gebung auf wenigstens 2 Meter Entfernung befindlichen Gerätschaften, Wand- und
Fußbodenflächen sind bei dieser Desinfektion besonders zu berücksichtigen.
Alsdann sind die Räumlichkeiten mit einer ausreichenden Menge heißem
Seifenwasser zu spülen und gründlich zu lüften. Getünchte Wände sind mit
einem frischen Kalkanstriche zu versehen.
§ 24.
Zur Desinfektion geschlossener oder allseitig gut abschließbarer Räume
empfiehlt sich auch die Anwendung des Formaldehydgases; sie eignet sich zur Ver-
nichtung von Krankheitskeimen, die an freiliegenden Flächen oberflächlich oder doch
nur in geringer Tiefe haften. Vor Beginn der Desinfektion sind alle Undichtig-
keiten der Fenster und Türen, Ventilationsöffnungen und dergleichen genau zu
verkleben oder zu verkitten. Es ist überhaupt die größte Sorgfalt auf die Dichtung
des Raumes zu verwenden, da hiervon der Erfolg der Desinfektion wesentlich
abhängt. Auch ist durch eine geeignete Aufstellung, Ausbreitung oder sonstige
Anordnung der in dem Raume befindlichen Gegenstände dafür zu sorgen, daß
der Formaldehyd ihre Oberflächen in möglichst großer Ausdehnung trifft.
Für je 1 Kubikmeter Luftraum müssen mindestens 5 Gramm Formaldehyd-
gas oder 15 Kubikzentimeter Formaldehydlösung (Formaldehydum solutum des
Arzneibuchs für das Deutsche Reich) und gleichzeitig etwa 30 Kubikzentimeter
Wasser verdampft werden. Die Öffnung der desinfizierten Räume darf frühestens
nach 41 Stunden, soll aber womöglich später und in besonderen Fällen (überfüllte
Räume) erst nach 7 Stunden geschehen. Der überschüssige Formaldehyd ist vor
dem Betreten des Raumes durch Einleiten von Ammoniakgas zu beseitigen.
Die Desinfektion mittels Formaldehyds soll tunlichst nur von geprüften
Desinfektoren nach bewährten Verfahren ausgeführt werden.
Nach der Desinfektion mittels Formaldehyds können die Wände, die
Zimmerdecke und die freien Oberflächen der Gerätschaften als desinfiziert gelten.
Augenscheinlich mit Ausscheidungen der Kranken beschmutzte Stellen des Fuß-
bodens, der Wände usw. sind jedoch gemäß den Vorschriften unter § 23 noch
besonders zu desinfizieren.
§ 25.
Soll die Desinfektion von Räumlichkeiten wegen der zu befürchtenden
Beschädigungen oder wegen des längere Zeit haften bleibenden Geruchs des Des-
infektionsmittels nicht nach den Bestimmungen in §§ 23 und 24 stattfinden, so
hat sie in nachbezeichneter Weise zu geschehen:
Die nicht mit Ölfarbe gestrichenen Flächen der Wände und Fußböden
werden mit Kalkmilch angetüncht; dieser Anstrich ist nach 3 Stunden zu wieder-
holen. Erst nach dem Trocknen des zweiten Anstrichs darf wieder feucht abge-
scheuert werden.
Wände mit Plüsch- oder ähnlichen Bezügen können nach Maßgabe der
Vorschriften im § 27 desinfiziert werden.
Reichs- Gesetzbl. 1907. 101