— 379 —
(Nr. 4779) Bekanntmachung über das Ausmahlen von Brotgetreide. Vom 28. Juni 1915
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung
des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914
(Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:
§ 1
Zur Herstellung von Roggenmehl ist der Roggen mindestens bis zu zwei-
undachtzig, zur Herstellung von Weizenmehl der Weizen mindestens bis zu achtzig
vom Hundert auszumahlen. Als Weizen im Sinne dieser Verordnung gelten
auch Spelz (Dinkel, Fesen) sowie Emer und Einkorn.
§ 2
Die Reichsgetreidestelle wird unter Berücksichtigung der Vorratsermittlung
vom Herbst 1915 bestimmen, ob die Sätze des § 1 beizubehalten oder welche
an ihre Stelle zu setzen sind.
Sie kann für bestimmte Mühlen oder für Mühlen bestimmter Bezirke die
Herstellung bestimmter Auszugsmehle beim Mahlen zulassen oder vorschreiben.
Außerdem können die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bestimmten Be-
hörden die Ausmahlung in der Weise zulassen, daß hierbei ein Auszugsmehl bis
zu zehn vom Hundert hergestellt wird.
§ 3
Die Landeszentralbehörde kann für eine Mühle, die zum Ausmahlen des
Getreides bis zu den Mindestsätzen dieser Verordnung außerstande ist, aus be-
sonderen Gründen eine geringere Ausmahlung zulassen.
Nicht berührt wird hiervon die Befugnis der Kommunalverbände nach
§ 49b der Verordnung über den Verkehr mit Brotgetreide und Mehl aus dem
Erntejahr 1915 vom 28. Juni 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 363), das Mahlen des
Brotgetreides auch in solchen Mühlen zu gestatten, die das vom Bundesrat oder
von der Reichsgetreidestelle bestimmte Ausmahlverhältnis nicht erreichen, aber
wenigstens bis zu siebzig vom Hundert durchmahlen können; in diesem Falle
sind die Kommunalverbände befugt, das Ausmahlverhältnis entsprechend fest-
zusetzen.
§ 4
Die Beamten der Polizei und die von der Polizeibehörde beauftragten
Sachverständigen sind befugt, in die Räume, in denen Mehl hergestellt wird,
jederzeit, in die Räume, in denen Mehl aufbewahrt, feilgehalten oder verpackt
wird, während der Geschäftszeit einzutreten, daselbst Besichtigungen vorzunehmen,
Reichs-Gesetzbl. 1915 93