angen schienen, in seinem Bericht vom 27. Januar 1908 zum
Anlaß, um zusammenfassend die Frage aufzuwerfen:
Wann ist denn die Ruhe Europas bedroht gewesen,
außer durch den französis chen Revanchegedanken?
(Belgische Aktenstücke, Seite 47.)
Un diese Politik der Revanche mit englischer und russischer
Hilfe durchzuführen, bedurfte es freilich eines neuen Mannes. Als
duard VII. starb, konnte Delcassé ihn nicht ersetzen. Delcassé
war immer „mehr Werkzeug, als Triebfeder“ gewesen, wie ihn
Mr. Leghait, der belgische Eesandte in Paris, in seinem Be-
richte vom 30. Januar 1908 charakterisierte. Der neue Mann, der
die Erbschaft übernahm, die Eduard VII. hinterlassen hatte, war
oincaré. Er war ganz „Triebfeder“. Der Nachfolger Mr.
eghaits in Paris, der belgische Gesandte Baron Guill-
aume, hat auch ihn charakterisiert. Er faßt am 16. Januar
1914, nachdem Poincaré ein Jahr als Ministerpräsident und ein
Jahr als Präsident der Republik an der Arbeit gewesen war, sein
Urteil zusammen: ·
Ich hatte schon die Ehre, Ihnen zu berichten, daß
es die Herren Poincaré, Delcassé, Millerand und ihre
reunde gewesen sind, die die nationalistische, militaristi-
che und chauvpinistische Politik erfunden und befolgt
haden, deren Wiederkehr wir feststellen konnten. Sie
bildet eine Gefahr für Europa. (Belgische Aktenstücke, S. 127.)
Wenn der Weltkrieg nicht früher ausbrach, dann hatte dies
seinen Grund vor allem darin, daß Rußland, ohne dessen Beistand
ich Frankreich den Revanchekrieg nicht zutraute, zu geschwächt aus
em russisch-japanischen Kriege hervorgegangen war und eines
vollen Jahrzehntes neuer Anleihen und neuer Rüstungen bedurfte,
um als Militärmacht auf einem europäischen Krie ssauplatze er-
cheinen zu können. Es ergab sich also für die französische wie
ür die russische Kriegspartei das gemeinsame Ziel: die beider-
eitigen Rüstungen so zu beschleunigen, daß man 1914 oder 1915
auch wirklich fertig war, oder wann nun der Augenblick eintrat,
in dem Iswolski, der russische Mitarbeiter Poincarés, mit Grund
von sich sagen konnte: «
„es ist mein Krieg“.
Die Bedeutung, die zu Eduards VII. Zeit die Marokkokrise
Ebatt hatte, bekam zu Poincarés Zeit die Balkankrise. Von ihrer
erbindung mit der Weltkrise handeln die serbischen Ge-
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