Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

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Deutschland (ohne Preußen). 
wie dieselbe entschlossen ist, den betretenen Weg beharrlich zu verfolgen. 
Wir geben darum die Hoffnung nicht auf, daß sich die Einsicht endlich 
Bahn brechen wird, daß nur eine dem Recht entsprechende Beilegung zur 
Lösung dieser Wirren führen kann, deren Ende ebenso sehr im Interesse 
der Monarchie als der Freiheit liegt. Eine Regierung, die sich die hohe 
Aufgabe stellt, jedes gute deutsche Recht zu schützen, wird — dessen sind 
wir gewiß — jetzt und in Zukunft auch die schwer bedrohten Rechte und 
Interessen nach Kräften wahren helfen, die in den norddeutschen Herzog- 
thümern seit einem Jahrzehnt und länger fruchtlos auf Befriedigung harren". 
15. Dec. (Mecklenburg.) Die Regierungsvorlage bezüglich Zoll- und 
 
 
Steuerreform wird von der Ritterschaft mit 120 gegen 42 Stimmen 
abgelehnt. 
20.10.  Antwort des preußischen Cabinets auf das sächsische Bundesreform- 
project. Depesche des Grafen Bernstorff an den preußischen Gesandten 
in Dresden: 
„ . . . Die wesentlichste Verschiedenheit in der Auffassung, welche auch bei 
unserer Beurtheilung des aufgestellten Reformplans maßgebend ist, waltet 
bei uns insofern ob, als wir das Hauptgebrechen der ganzen Bundes- 
verfassung darin erkennen müssen: daß in den Bundesverträgen nicht der 
völkerrechtliche Charakter des Bundes in seiner Reinheit fest- 
gehalten, sondern daß schon die erste Grundlage desselben mit Bestim- 
mungen über Fragen des innern Staatsrechts in einer für das Bundes- 
verhältniß nachtheiligen Weise vermischt ist. Hierin ist, unserer Ansicht 
nach, die hauptsächlichste Quelle der vielen Mißstände zu suchen, welche bei 
diesen gemischten Grundlagen in dem Bundesverbande deshalb um so weniger 
ausbleiben konnten, weil ihm die heterogensten Staaten angehören. Ein 
Blick auf das verschiedene Verhältniß, in welchem die deutschen Großstaaten 
und die andern dem Bunde nur mit einem Theil ihres Gebiets angehören- 
den Mächte im Vergleich zu den übrigen Staaten zum Bunde stehen, wird 
zum Verständniß genügen. Wenn irgendwo, so dürfte insbesondere in dem 
Uebelstande dieser vermischten Grundlage eine den Lebenskeim des Bundes 
bedrohende Gefahr und deshalb auch die dringende Mahnung liegen, diese 
Grundlage, welche für alle Bundesglieder gleichmäßig gelten soll, in ihren 
Elementen zu sichten und zu vereinfachen, und zwar in einer dem Plan 
des Frhrn. v. Beust gerade entgegengesetzten Richtung. Jedenfalls ist 
es unverkennbar, daß das Bundesverhältniß derjenigen vier Staaten, welche 
den Schwer- und Mittelpunkt ihres Organismus außerhalb jenes Verhält- 
nisses haben, ein unüberwindliches Hinderniß für eine Entwicklung der Ver- 
fassung des Gesammtbundes in bundesstaatlicher Richtung bilden muß. Das 
Verfahren dieser Richtung setzt eine sich steigernde Beschränkung der Autonomle 
der einzelnen Staaten voraus, für welche — hierin wird uns Frhr. v. Beust 
gewiß beistimmen — Einhelligkeit sämmtlicher Bundesglieder niemals 
zu erreichen sein wird. Wir müssen deshalb alle auf den ganzen Bestand 
des Bundes berechneten Reformvorschläge in der bundesstaatlichen Rich- 
tung, in welcher sich auch die vorliegenden bewegen, trotz der Erläuterungen 
der Nachtragsdenkschrift, unserer Ansicht nach, von vornherein für unaus- 
führbar halten. Dagegen erscheint es uns nicht unwahrscheinlich, oder 
wenigstens nicht unmöglich, daß eine Vereinfachung der Grundlagen des 
Bundes in seiner Gesammtheit, insbesondere die Zurückführung derselben 
auf die zur Erhaltung seiner Integrität und seiner Sicherheit nothwendigen 
Vertragsbestimmungen, einstimmig beschlossen werden könnte. Und ferner 
halten wir es für unzweifelhaft, daß für die andere Seite der Reform des 
Bundes, welche die engere Vereinigung seiner Glieder auf dem Ge- 
biete des innern Staatsrechts bezweckt, der Weg freier Vereinbarung
	        
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