96
Deutschland (ohne Preußen).
wie dieselbe entschlossen ist, den betretenen Weg beharrlich zu verfolgen.
Wir geben darum die Hoffnung nicht auf, daß sich die Einsicht endlich
Bahn brechen wird, daß nur eine dem Recht entsprechende Beilegung zur
Lösung dieser Wirren führen kann, deren Ende ebenso sehr im Interesse
der Monarchie als der Freiheit liegt. Eine Regierung, die sich die hohe
Aufgabe stellt, jedes gute deutsche Recht zu schützen, wird — dessen sind
wir gewiß — jetzt und in Zukunft auch die schwer bedrohten Rechte und
Interessen nach Kräften wahren helfen, die in den norddeutschen Herzog-
thümern seit einem Jahrzehnt und länger fruchtlos auf Befriedigung harren".
15. Dec. (Mecklenburg.) Die Regierungsvorlage bezüglich Zoll- und
Steuerreform wird von der Ritterschaft mit 120 gegen 42 Stimmen
abgelehnt.
20.10. Antwort des preußischen Cabinets auf das sächsische Bundesreform-
project. Depesche des Grafen Bernstorff an den preußischen Gesandten
in Dresden:
„ . . . Die wesentlichste Verschiedenheit in der Auffassung, welche auch bei
unserer Beurtheilung des aufgestellten Reformplans maßgebend ist, waltet
bei uns insofern ob, als wir das Hauptgebrechen der ganzen Bundes-
verfassung darin erkennen müssen: daß in den Bundesverträgen nicht der
völkerrechtliche Charakter des Bundes in seiner Reinheit fest-
gehalten, sondern daß schon die erste Grundlage desselben mit Bestim-
mungen über Fragen des innern Staatsrechts in einer für das Bundes-
verhältniß nachtheiligen Weise vermischt ist. Hierin ist, unserer Ansicht
nach, die hauptsächlichste Quelle der vielen Mißstände zu suchen, welche bei
diesen gemischten Grundlagen in dem Bundesverbande deshalb um so weniger
ausbleiben konnten, weil ihm die heterogensten Staaten angehören. Ein
Blick auf das verschiedene Verhältniß, in welchem die deutschen Großstaaten
und die andern dem Bunde nur mit einem Theil ihres Gebiets angehören-
den Mächte im Vergleich zu den übrigen Staaten zum Bunde stehen, wird
zum Verständniß genügen. Wenn irgendwo, so dürfte insbesondere in dem
Uebelstande dieser vermischten Grundlage eine den Lebenskeim des Bundes
bedrohende Gefahr und deshalb auch die dringende Mahnung liegen, diese
Grundlage, welche für alle Bundesglieder gleichmäßig gelten soll, in ihren
Elementen zu sichten und zu vereinfachen, und zwar in einer dem Plan
des Frhrn. v. Beust gerade entgegengesetzten Richtung. Jedenfalls ist
es unverkennbar, daß das Bundesverhältniß derjenigen vier Staaten, welche
den Schwer- und Mittelpunkt ihres Organismus außerhalb jenes Verhält-
nisses haben, ein unüberwindliches Hinderniß für eine Entwicklung der Ver-
fassung des Gesammtbundes in bundesstaatlicher Richtung bilden muß. Das
Verfahren dieser Richtung setzt eine sich steigernde Beschränkung der Autonomle
der einzelnen Staaten voraus, für welche — hierin wird uns Frhr. v. Beust
gewiß beistimmen — Einhelligkeit sämmtlicher Bundesglieder niemals
zu erreichen sein wird. Wir müssen deshalb alle auf den ganzen Bestand
des Bundes berechneten Reformvorschläge in der bundesstaatlichen Rich-
tung, in welcher sich auch die vorliegenden bewegen, trotz der Erläuterungen
der Nachtragsdenkschrift, unserer Ansicht nach, von vornherein für unaus-
führbar halten. Dagegen erscheint es uns nicht unwahrscheinlich, oder
wenigstens nicht unmöglich, daß eine Vereinfachung der Grundlagen des
Bundes in seiner Gesammtheit, insbesondere die Zurückführung derselben
auf die zur Erhaltung seiner Integrität und seiner Sicherheit nothwendigen
Vertragsbestimmungen, einstimmig beschlossen werden könnte. Und ferner
halten wir es für unzweifelhaft, daß für die andere Seite der Reform des
Bundes, welche die engere Vereinigung seiner Glieder auf dem Ge-
biete des innern Staatsrechts bezweckt, der Weg freier Vereinbarung