Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

Allgemeine Chronik. 5 
19. Jan. (Deutschland. — Württemberg). Die II. Kammer beschließt ein- 
stimmig, die Regierung dringend zu ersuchen: 1) dem deutschen Bunde zu 
Sicherung der Rechte der Herzogthümer Schleswig-Holstein diejenige Truppen- 
zahl, welche sofort ausgerüstet werden kann, zur augenblicklichen Verfügung 
zu stellen; 2) für die Mobilmachung des württ. Contingentes alles Erfor- 
derliche jetzt schon in der Weise vorzukehren, daß dasselbe auf die erste Auf- 
forderung der Bundesrersammlung auszumarschiren im Stande ist; 3) durch 
einen selbständigen dringenden Antrag am Bunde dieselben Maßnahmen von 
Seite der bundesgetreuen deutschen Staaten herbeizuführen. 
„ „ (Deutschland. — Nassau). Die Regierung schreitet in Folge des ihr 
ungünstigen Resultats der Landtagswahlen gegen die ihr mißliebigen Beamten 
mit Versetzungen und Dienstentlassungen ein und belohnt ihre Anhänger 
durch Beförderungen. 
19—21. Jan. (Preußen). Mißlungener Versuch, den Oberbefehlshaber der Bundes- 
truppen in Holstein zu bewegen, sich ohne Weiteres unter den Oberbefehl 
des Höchstcommandirenden der alliirten Preußen und Oesterreicher zu stellen. 
Preußische Truppen rücken ohne vorhergegangene Genehmigung und trotz 
Protestes in Hamburg, Lübeck, Oldenburg und Holstein ein. Die Bundes- 
truppen räumen Kiel und concentriren sich seitwärts der Durchzuglinien der 
österr. und preuß. Truppen. 
20. Jan. (Deutschland). In den verschiedenen deutschen Staaten sinden in Folge 
der Vorgänge v. 14. d. M. am Bunde zahlreiche Volksversammlungen statt, 
welche sich energisch gegen die Handlungsweise Oesterreichs und Preußens 
aussprechen und von ihren Regierungen theils die selbständige Anerkennung 
des Herzogs Friedrich theils militärische Maßregeln zum Schutze Deutschlands 
gegen Vergewaltigung von Seite der „Vormächte“ verlangen. 
21. „ (Rußland). Ein kaiserl. Ukas verordnet die Einführung von Kreis= und 
Provinzialvertretungen in ganz Rußland, mit Ausnahme der westlichen und 
der baltischen Gouvernements, Archangels, Astrachans und Bessarabiens. 
Murawiew beginnt eine Reihe von Decreten zu erlassen, welche auf voll- 
ständige Unterdrückung der polnischen Sprache in den Gouvernements von 
Litthauen abzielen. 
„ „ (Deutschland. — Bayern) ladet die Mittel= und Kleinstaaten zu einer 
Conferenz behufs Berathung der Lage gegenüber den beiden Großmächten ein. 
21—22. Jan. (Deutschland. — Bundestag). Die Bundesversammlung läßt sich 
zu neuen Instructionen an die Bundescommissäre herbei: dem Durchmarsch 
der Oesterreicher und Preußen durch Holstein soll kein Hinderniß in den 
Weg gelegt werden; die Entlassung der bisherigen österr. und preuß. Reserve- 
truppen in Holstein wird bewilligt. 
„ „ Jan. (Preußen). Debatte des Abg.-Hauses über die 12 Mill. Anleihe. Die 
Bewilligung der Anleihe wird mit 250 gegen 51 Stimmen verworfen und 
eine Resolution genehmigt, die sich energisch gegen die bisher von der Re- 
gierung in der deutsch-dänischen Streitfrage befolgte Politik ausspricht.  
22. Jan. (Deutschland. — Sachsen). Die II. Kammer beschließt einstimmig, 
von der Regierung die selbständige Anerkennung des Herzogs Friedrich, so 
wie die sofortige Verstärkung der Bundestruppen in Holstein zu verlangen. 
23. „ (Preußen). Das Herrenhaus verwirft das Budget für 1864, wie es aus 
den Berathungen des Abg.-Hauses hervorgegangen ist und stellt den ursprüng- 
lichen Regierungsantrag wieder her. 
25. „ (Preußen). Das Abg.-Haus lehnt die von der Regierung vorgeschlagene 
Militärnovelle (mit dreijähriger Dienstzeit) mit 268 gegen 34 Stimmen ab 
und erklärt den Beschluß des Herrenhauses v. 23. d. M. für null und nichtig. 
Ein kgl. Decret erklärt die Session des Landtags für geschlossen. Z 
„ „ (Oestrreich). Der große Finanzausschuß des Abg.-Hauses beschließt, beim 
Hause darauf anzutragen, statt der von der Regierung geforderten 10 Mill. 
Anleihe nur so viel zu bewilligen, als wirklich für die Bundesexecution in