Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 95
wie das in England oder in Rußland der Fall sei; die Regierung habe die
katholischen und toleranten (!) Beamten, welche sie nach der Annexion den
Elsässern gegeben hatte, beseitigt, um protestantische hinzusetzen, welche nichts
von den gewöhnlichsten Regeln der Erziehung wüßten.“ Die Kinder eines
Ortes gehen nicht in die Schule und die Eltern werden deßhalb gestraft.
Der katholische Geistliche M. in B. bestärkt die Eltern in ihrem Widerstande
und erklärt, ein zweiter Ducrot, in einem Schreiben an den Generalvicar:
„Was mich betrifft, ich richte meine Batterien, ich werde die Arena nur todt
oder als Sieger verlassen; das Losungswort ist von Oben gegeben, es muß
ausgeführt werden", und auf Veranlassung des Generalvicars schickte ihm
das Comité die 116 Francs, welche die Eltern durch ihren beharrlichen
Ungehorsam verbüßt hatten. Die nöthigen Geldmittel für die Zwecke dieser
weitaussehenden Verbindung sollten theils im Lande aufgebracht, theils aus
Frankreich herbeigeschafft werden. Zunächst soll die Association, welche de
Ségur in Frankreich „gegen das Eindringen des Protestantismus“ gegründet
hat, und für welche Abbé Guerber in Elsaß jährlich 5000 bis 6000 Francs
sammelt, angegangen werden, alle im Elsaß aufgebrachten Gelder zur Ver-
fügung des Straßburger Comité's zu stellen. Dann meint aber auch der
Generalvicar in einem Briefe an den Präsidenten des Vereins: „Hat Herr
Saglio Ihnen noch nicht Antwort in Betreff der Gesellschaft des hl. Franz
von Sales gegeben? Es ist unbedingt nöthig, daß diese Gesellschaft uns zu
Hilfe komme.“ Hr. Saglio und die Gesellschaft des Franz von Sales resi-
diren aber bekanntlich in Paris. Aus allen Aktenstücken geht mit unwider-
legbarer Gewißheit hervor, daß Generalvicar Rapp die Seele dieser ganzen
politisch-kirchlichen vorzugsweise aber politischen Organisation gewesen ist;
ausdrücklich wird hervorgehoben: „wir haben die Approbation der Diöcesan-
Autorität“"; wesentlich zielt der Verein darauf ab, Versammlungen zu schaffen,
in welchen von dem Clerus ohne Rücksicht auf den Kanzelparagraphen Politik
getrieben werden könnte. Gegen die Vereinsmitglieder wird auf Grund des § 2
des Gesetzes vom 10. April 1834 vorgegangen werden. Der Generalvicar Rapp
hat die Taktik zu befolgen gesucht, die den Geistlichen anempfohlen wird:
das Rad zu sein, welches die Zeiger bewegt, ohne daß man es
sieht. Er, in dessen Händen alle Fäden zusammenliefen, bietet dennoch
nicht den greifbaren Anhalt, um an der Hand eines einzelnen Paragraphen
wirksam gegen ihn vorzugehen. Sollte er deßhalb auf dem Boden weiter-
wirken dürfen, den er sich für seine Wühlereien vorbereitet hat, nur vor-
sichigter und energischer: Die Regierung hat diese Frage verneint.
18. März. (Preußen.) Abg.-Haus: erledigt auch das dritte der kirchen-
politischen Gesetze, über die Grenzen des Rechts zum Gebrauche der
kirchlichen Straf= und Zuchtmittel und genehmigt dasselbe mit großer
Mehrheit in zweiter Lesung.
„ „ (Preußen.) Der 25jährige Gedenktag des 18. März 1848
verläuft in Berlin sehr still. Nur im Friedrichshain fallen Excesse
vor und muß derselbe von den berittenen Schutzleuten mit blanker
Waffe geräumt werden.
„ „ (SHBraunschweig.) Landesversammlung: beschließt mit allen gegen
4 Stimmen, im Interesse des braunschweigischen Militärs eine Adresse
an den Herzog zu richten, um ihn zum Abschluß einer Militärcon-
vention mit Preußen zu bewegen. Der Staatsminister v. Campe
gibt sich umsonst alle Mühe, die Landesversammlung zu überreden,
daß der Antrag inopportun sei.