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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
ist nothwendig. 2) Die Initiative dazu wird der Staatsregierung anver-
traut, aber die Ansicht und der Wunsch der Kammer ausgesprochen, daß
von Anfang an zur Vorberathung durch eine Verfassungsrevisions-Commission
auch Vertrauensmänner der beiden Kammern beigezogen werden. 3) Die
großherzogliche Regierung wird ersucht, die Einleitung zu der allgemeinen
Verfassungsrevision in obigem Sinne zu treffen."
In der Debatte über den Antrag legt Minister Jolly in längerer
Rede die Gründe dar, warum man nur mit größter Vorsicht und Pietät
an eine Aenderung der Verfassung gehen solle. Wenn eine solche auch in
einzelnen Punkten nahe gelegt sei, so doch nicht im Ganzen, so lange noch
im Reiche Manches im Flusse und in der Entwicklung sei; wie weit, wie
rasch diese Entwicklung gehe, sei heute nicht zu sagen, wenn auch im Großen
die Competenz zwischen dem Reich und dem badischen Staate bereits fest-
stehe. Der Redner weist dabei u. A. auf die Annahme des Gesetzes, be-
treffend die Ausdehnung der Reichscompetenz auf das gesammte Civilrecht,
hin, indem er bemerkt: „Damit scheint auf den ersten Blick ein zwar sehr
weites und wichtiges, aber doch nicht specifisch politisches Gebiet den einzelnen
Staaten entzogen. Es ist aber gewiß, daß, wenn das deutsche Reich nach
Annahme und Durchführung des sogenannten Lasker'schen Antrages das
Civilrecht und die gesammte Justiz-Gesetzgebung zur Reichssache macht, damit
und in Folge davon auch auf das politische Leben aller einzelnen Staaten
in sehr erheblicher Weise wird eingewirkt werden. Wie die Dinge heute
liegen, unterliegt es kaum einem Zweifel, daß sehr bald die Folge der An-
nahme jenes Antrags die Einführung der Civilehe im ganzen deutschen Reiche
sein wird. Das berührt, wenn es auch formell als ein Bestandtheil der
bürgerlichen Gesetzgebung erscheint, doch sehr wesentliche Beziehungen zwischen
Staat und Kirche. Speciell in unserm Lande würde materiell damit nichts
geändert; aber auch für uns tritt doch gerade in politischer Beziehung eine
sehr erhebliche Aenderung ein, wenn eine zwar civilrechtliche, aber das Ver-
hältniß zwischen Staat und Kirche so nahe berührende Institution aus einer
particularrechtlichen eine reichsgesetzliche wird. Das Verhältniß zwischen
Staat und Kirche zu ordnen, wird die Reichsgewalt, glaube ich, nicht unter-
nehmen; das direct zu thun, würde sogar im Augenblick außerhalb der Com-
petenz des Reiches liegen, und ich glaube, daß die Reichsverwaltung nicht
dahin streben wird, ihre Competenz zu erweitern. Aber Sie alle wissen, das
Reich war bereits durch die unerhörten Angriffe gegen dasselbe genöthigt,
zur Abwehr gegen gewisse Mißbräuche, die eine bestimmte Partei innerhalb
der Kirche sich erlaubte, prohibitive Strafgesetze zu erlassen. Niemand kann
wissen, ob auf diesem Weg weiter gegangen werden muß, und wie weit,
welche weitere Consequenzen sich ergeben werden, wie viel von dem politischen
Leben der Particular-Staaten in Folge davon, sei es der rechtlichen Form
nach, sei es auch nur thatsächlich, auf das Reich übergeht.“ Im weiteren
Verlaufe seiner Rede bemerkt der Minister: Manche der von den Antrag-
stellern gewünschten Abänderungen seien mehr theoretischer als practischer
Natur, und hierin könne das Beispiel der Franzosen abschrecken, während
die practischen Engländer, wie die alten Römer, an ihrer alten Verfassung
festhielten. Was den Wunsch nach Vereinigung beider Kammern betreffe,
so habe in Baden die erste Kammer dem politischen Leben nie geschadet, öfter
genützt. Das Wahlsystem sei erst vor einigen Jahren geändert worden und
das Bedürfniß, noch einmal zu ändern, nicht so dringend; die bisheri-
gen Wahlen seien im Ganzen gut. Die bisherigen directen Reichstags-
wahlen hätten unter ganz besonderen Umständen, nach großen äußeren Er-
folgen der Reichsmacht stattgefunden und bewiesen nichts für die Wünsch-
barkeit directer Wahlen, die namentlich in großen Städten bedenklich werden
könnten. Der Antrag auf einjährige Budget= und Landtagsperioden sei unter
der Voraussetzung wesentlicher Abkürzung der Geschäfte annehmbar.