Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Trankreich. 
Guibert, gründlich zum Austrag zu bringen. Es entspann sich deßhalb eine 
lebhafte Correspondenz zwischen den Ministern des Cultus und des Aeußern, 
dem französischen Botschafter beim heiligen Stuhle und dem Cardinal An- 
tonelli. Unter dem 19. Juli 1872 wurden sämmtliche Bischöfe mittels Cir- 
cular aufgefordert, dem Cultusministerium beglaubigte Auszüge ihrer Bullen 
mitzutheilen, gleichzeitig wurden in den Archiven Nachforschungen angestellt 
und das Gutachten des neuen Staatsraths über die Frage eingeholt. Ange- 
sichts der maßvollen Festigkeit der franz. Diplomatie gab die römische Curie 
Erklärungen und erkannte endlich das vollständige und unbedingte Recht der 
Regierung an. Demgemäß ordnete der Staatsrath, nachdem er nochmals 
bekräftigt hatte, daß die Ernennung der Bischöfe ausschließlich der Staats- 
gewalt zustehe, und nachdem er von den feier icen Erklärungen des heiligen 
Stuhles Act genommen, die Eintragung der seiner Prüfung unterzogenen 
Bullen in seine Register an. In der Bulle des neuen Bischofz von Autun 
findet man allerdings noch die Formel: nobis nominavit; aber dieser Aus- 
druck kann nicht mehr einen Widerspruch gegen die Prärogative der Regie- 
rung bedeuten, da das Recht der letzteren in dem Texte der Bulle selbst aus- 
drücklich erwähnt ist. Demgemäß war der Staatsrath, mit dem Bemerken 
freilich, daß die alte Formel: nominavit dem Concordate genauer entspräche, 
einstimmig der Meinung, daß der in Rede stehende diplomatische Zwischenfall 
als aufgeklärt und definitiv geschlossen angesehen werden könne. 
30. Jan. Nat.-Versammlung: Der 30er Ausschuß hat seinen Entwurf für 
die sog. constitutionellen Gesetze zu Ende berathen. Ein Ausgleich 
zwischen ihm und dem Präsidenten der Republik erscheint sehr schwierig, 
da es diesem voraus um die Aufstellung einer zweiten Kammer mit 
den Consequenzen einer solchen Organisation, jener aber lediglich um 
die Beschränkung des persönlichen Einflusses des Hrn. Thiers in der 
Nationalversammlung zu thun ist, während sie jede wirkliche Organi- 
sation der bestehenden Republik vielmehr auf die lange Bank zu schie- 
ben sucht. 
„ Bereits 63 Bischöfe haben sich der Adresse des Bischofs von Ver- 
sailles an den Präsidenten der Republik für energisches Eintreten Frank- 
reichs gegen die von Italien beabsichtigte Aufhebung sämmtlicher Klöster 
in Rom angeschlossen. Hr. Barthelemy St. Hilaire antwortet ihnen 
im Nameu des Hrn. Thiers vorerst beschwichtigend und hinhaltend. 
3. Febr. Nat.-Versammlung: Die Rechte stellt den Antrag, der Stadt 
Lyon, deren Gemeinderath entschieden republikanisch gesinnt ist und 
namentlich im Schulwesen den clericalen Forderungen fest widerstrebt, 
eine der Pariser analoge Municipalverfassung zu geben und setzt es 
durch, daß derselbe für dringend erklärt wird. 
„ Unterzeichnung des neuen Handelsvertrags mit Belgien. Die 
Grundlagen sind dieselben, wie die des Handelsvertrags mit England. 
„ Nat.-Versammlung: 30er Commission: Hr. Thiers unterhandelt 
mit ihr über den von ihr ausgearbeiteten Entwurf, ohne sich mit ihr 
in Wahrheit verständigen zu können, obgleich er ihr möglichst entgegen 
kommt. Die Absicht der Commission geht ausschließlich dahin, den 
directen Einfluß des Präsidenten auf die Nat.-Versammlung möglichst
	        
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