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lichen Gewalt hat durch Dekret stattgefunden. Allerdings weiß die Geschichte
der parlamentarischen Staaten von Usurpierungen der ausübenden Gewalt
seitens der Parlamente; aber der Mißbrauch hat sich stets gerächt; die. Ver-
fassungen, welche dies zuließen, waren nicht lebensfähig. Die Parlamente
konnen nicht dabei gewinnen, wenn sie ihre Sphäre überschreiten. Ich glaubte
früher an die Moglichkeit der Verminderung der Ministerien; es war ein
Irrtum. Die Arbeitsteilung ist auch auf diesem Gebiete nötig und förder-
lich. Am besten wäre es, wenn durch Aufhebung des Art. 3 des Gesetzes
vom 30. Juni 1878 der Krone das Recht zurückgegeben würde, die Zahl
der Minister zu modifizieren. Nur anarchische Parlamente bestreiten den
Grundsatz, auf dem dieses Recht beruht. Die Kammern haben Gesetze zu
geben; sie haben der ausübenden Gewalt volle Freiheit in der Anwendung
der Gesetze zu lassen und sich mit der Verantwortlichkeit der Minister zu be-
gnügen.“
Die Rede hinterläßt einen tiefen Eindruck.
10. Dezember. (Tripolis.) Kammer: Franchetti inter-
pelliert Crispi über die aus verschiedenen Veröffentlichungen hervor-
gehenden Versuche Frankreichs, das Gebiet von Tunis auf Kosten
von Tripolis zu erweitern. Er schlägt die Herbeiführung einer ver-
tragsmäßigen Bestimmung der Grenzen vor.
Crispi antwortet:
Italien sei durch Verträge verpflichtet, die territoriale Integrität
des osmanischen Reiches aufrechtzuhalten. Die Regierung habe neuerdings
erfahren, daß Frankreich längs der tripolitantischen Grenze Befestigungen
anlege und Grenzberichtigungen vornehme, wobei eine Veränderung der Grenze
stattgefunden zu haben scheine. Dies werde allerdings geleugnet, und es
sei behauptet worden, die Grenze werde auf Grund einer Konvention mit
der Türkei neu festgestellt. Auf eine bezügliche Anfrage in Konstantinopel
habe Italien die Anwort erhalten, daß eine solche Konvention nicht bestehe.
Der Minister schließt: er sei überzeugt, daß Niemand daran denke, das Gleich-
gewicht im Mittelmeere zu stören. Sollte dies dennoch von irgendeiner
Seite versucht werden, so werde Italien in Gemeinschaft mit den anderen
interessierten Mächten seine Pflicht zu thun wissen.
17. Dezember. (Finanzen.) Kammer: Der Finanzminister
Magliani gibt ein Exposé der Finanzlage.
Die Gebahrung des Finanzjahres 1886/87 schließt mit einem Ueber-
schuß der Einnahmen über die Effektivausgaben von 7 Millionen, gegen
die Voranschläge ergibt sich eine Besserung von 12 Millionen; die Vermeh-
rung sei den Einnahmen und realisierten Ersparungen zu verdanken. Wäre
die Cholera im Lande nicht aufgetreten, so wäre die Zunahme der Einnahmen
eine größere. Ohne die Beschleunigung der Rüstungen und die Entsendung
von Verstärkungen nach dem roten Meere würden die Ersparungen noch be-
trächtlicher sein. Einschließlich der Besserung der Steuerrückstände von 2 3/10
Millionen zeigt der Rechnungsabschluß des abgelaufenen Finanzjahres einen
Gesamtgewinn von 14 Millionen. Die Gebahrung von 1887/88 betreffend
erinnert der Minister daran, daß troß des beträchtlichen Anwachsens der Ausgaben
ein in Ausgaben und Einnahmen balanzierendes Budget vorgelegt würde. Infolge
weiterer Zunahme der Erfordernisse um 118 Millionen verbleiben 70 Mil-
lionen zu bedecken, welche durch wesentlich tranfitorische Verhältnisse not-
wendig werden. Für den Ausfall von 70 Millionen sollen Obligationen