142 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Sept. 27.—30.)
eines derartigen Zusammenhanges liegt um so näher, wenn man sich des
parallelen Vorganges bezüglich der angeblichen Rücktrittsgedanken des Fürsten
Bismarck und der Verwandelung der Reichsämter in Reichsministerien er-
innert. Jene Gerüchte, deren Quelle unzweifelhaft in den Deutschfreisinnigen
sehr nahestehenden Kreisen zu suchen ist, wurden gleichfalls durch die Ver-
mittelung konservativer Journalisten zuerst in die nationale Presse lanziert.
.Herr Geffcken hat sich stets zu derjenigen Partei gehalten, welche es sich
zum Ziele setzte, die deutsche Einheit unter preußischer Führung zu hinter-
treiben. So lange es eine großdeutsche Partei gab, welche dieses Ziel ver-
folgte, hat Herr Geffcken mit ihr Mann an Mann gegen Preußen und dessen
Führung in Deutschland gekämpft. Als das Welfentum in seiner Verbindung
mit dem Zentrum sich die Aufgabe stellte, die schwer errungene Einheit
Deutschlands bis auf das Messer zu bekämpfen, war es wiederum Herr
Geffcken, welcher dieser Partei neues Rüstzeug zutrug. Als es sich um die
Wehrkraft des Reiches handelte, um dasselbe angesichts einer ernsten und
bedrohlichen Lage unseren Feinden gegenüber sicher zu stellen, trat Herr
Geffcken für diejenigen ein, welche sich die Schwächung dieser Wehrkraft zum
Ziele setzten, und kämpfte in treuer Bundesgenossenschaft mit Welfen, Polen,
Elsaß-Lothringern, Sozialdemokraten und Fortschritt gegen die Bewilligung
des Septenats. Nach der erhebenden Einmütigkeit, mit welcher die deutschen
Fürsten sich um unsern jungen Kaiser scharten, schien endlich für Herrn
Geffcken der Zeitpunkt gekommen zu sein, um, soweit es in seinen Kräften
stand, in diese Einheit eine Bresche zu schlagen, die sonstigen guten und
friedlichen Beziehungen des Reiches mit anderen Staaten zu stören und die
Sicherheit desselben zu gefährden.
Von welchem Gesichtspunkte man daher die Veröffentlichung des an-
geblichen Tagebuches Kaiser Friedrichs zu beurteilen hat, bedarf angesichts
des Vorstehenden keiner weiteren Erläuterung. Es wird genügen, noch ein-
mal die Tatsache in Erinnerung zu rufen, daß Herrn Geffckens Gesinnung
sich politisch mit dem Windthorstschen Welfentum und kirchlich mit der
Hammersteinschen „Kreuzzeitung“ berührt. So ist einerseits die Veröffent-
lichung des Tagebuches ein natürliches Kind aus der Verbindung Windthorst-
Hammerstein. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Adoptivkind des Freisinns,
welcher sich mit Begeisterung des Tagebuches angenommen hat.“
Im Anschluß an diesen Artikel entspinnt sich ein heftiger
Federkrieg zwischen der „Post“ und der „Kreuzzeitung“.
27. September. Besuch Kaiser Wilhelms in Stuttgart.
29.—30. September. Aufenthalt Kaiser Wilhelms auf Schloß
Mainau. Er trifft daselbst mit dem Herzog und dem Erbprinzen
von Nassau zusammen.
30. September. (Königin von Serbien.) Die „Nordd.
Allg. Ztg.“ bringt heute folgende Mitteilung:
Ausländische Blätter haben behauptet, die Königin von Serbien sei
im Widerspruch mit den ihr von Sr. Majestät dem Kaiser und König
mittels besonderen Schreibens gegebenen Zusagen des Allerhöchsten Schutzes
zwangsweise von Wiesbaden entfernt worden.
Zur Würdigung dieser Erfindung geben wir nachstehend (aus dem
Französischen verdeutscht) den Text der einzigen Kaiserlichen Kundgebungen
in der Sache:
I. Telegramm: