925 2
Lage haben dann wohl, was kaum wunderbar
erscheinen kann, die Nerven und die Gesundheit
des Vizefeldwebels Sussieck so erschüttert, daß es
am 26. Juni auf der Dume-Station zum Zusammen-
bruch seiner Nerven kam, der seine sofortige Rück-
sendung zur Küste notwendig machte.
Inzwischen war am 20. Mai Hauptmann
Marschner auf der Dume-Station eingetroffen und
hatte auf Grund der inzwischen eingegangenen
Meldungen des Vizefeldwebels Sussieck den Ein-
druck gewonnen, daß es sich um einen Aufstand
der Nord-Makas in größerem Umfang handle
und daß die Lage nicht unbedenklich sei. Haupt-
mann Marschner beschloß, um den Aufstand an
seinem Entstehungsherd zu dämpfen, mit dem
verfügbaren Teile der Kompagnie mitten in das
Maka-Gebiet vorzugehen. Abgesehen von der
Besatzung von Baturi und der notwendigen
Stationsbesatzung, standen ihm einschließlich Sussieck
60 gefechtsfähige Soldaten zur Verfügung. Er
rückte am 21. Mai in zwei Kolonnen in das
Aufstandsgebiet ein. Am 23. erreichte die Kolonne
Marschner (1 Maschinengewehr, 20 Gewehre)
Angosu, ohne beunruhigt zu werden. Der Vor-
marsch am 24. von Angosu nach Sef fand unter
dauernden Gefechten statt; Soldaten wurden nicht
verwundet. Die Kolonne des Oberarztes Roesener
(1 Maschinengewehr, 20 Gewehre) fand friedliche
Bevölkerung bis Jangana. Auf dem weiteren
Mege bis Sef wurde die Kolonne Roesener mehr-
mals angegriffen, gleichfalls jedoch ohne Verluste
zu haben. Die vereinigten Kolonnen marschierten
an diesem Tage bis Ngamba weiter, wo die
Kompagnie Standquartier bezog. Nachdem der
Vizefeldwebel Sussieck am 25. Mai aus Tule
herangezogen war, wurde Sanitätssergeant Thier-
bach mit acht Mann nach Angosu detachiert,
um die Straße Ndenge —Dume zu decken.
Der Häuptling Ngelemenduka hatte sich
mit vielen Bewaffneten an den Bizefeldwebel
Sussieck herangezogen und diesem auch eine Pa-
trouille mit Munitionsersatz zugeführt; er erschien
aber, seiner ganzen Vergangenheit nach, zu un-
sicher, um als zuverlässige Hilfe in Betracht zu
kommen — ganz abgesehen davon, daß ja auch
sein Sohn Tule als einer der unmittelbaren
Mörder Bretschneiders festgestellt war. In der
Nacht vom 24. zum 25. Mai tauchte dann auch
bei Vizefeldwebel Sussieck die Nachricht auf, daß
Ngelemenduka Verrat plane, worauf er mit
46 Gewehrträgern festgenommen wurde.
Vom 25. Mai bis 28. Juni arbeitete dann
die 9. Kompagnie von dem Stützpunkte Ngamba
aus in dem Aufstandsgebiet mit Patronillen und
Oilfsvölkern gegen die aufständischen Makas, die
dauernd Widerstand leisteten.
Das Gelände ist hier leicht wellig und mit
dichtem Urwald bedeckt; in den Landstrichen haben
sich überall, im Anschluß an kleine Wasserläufe,
größere und kleinere Sümpfe gebildet, in denen
Raphiapalmen und hohe Farren wachsen oder
die mit schilfartigem Elefantengras bestanden sind.
Das Wasser ist tiesschwarz, der Grund moorig.
In diesen Sumpfdistrikten verstecken die Makas
ihre Weiber, Kinder, ihr Kleinvieh und ihre wenige
Habe. In das für den Europäerfuß undurch-
dringliche Gestrüpp ziehen die Männer sich zurück,
wenn sie vom Fechten kommen. Sie scharen sich
in größeren oder kleineren Haufen unter einem
Häuptling zusammen, um Patronillen anzufallen
oder um Verpflegung für die Weiber und Kinder
aus den sehr reichlichen Farmen herbeizuschaffen.
Im Felde gehen die geschmeidigen Makas in der
Regel nur mit einem Hüftschurz bekleidet, der
durch einen Riemen zusammengehalten wird, an
dem rückwärts eine Ledertasche befestigt ist; in
dieser tragen sie ihre notwendigen Utensilien, wie
Pfeilspitzen oder Pulver, Pfeise und Tabak
sowie einige Medizinen und Angelhaken. Be-
waffnet sind sie mit Speeren und Bogen; Vorder-
lader, die früher sehr zahlreich waren, findet
man wegen des Pulvermangels wenig. Ein Hau-
messer vervollständigt in der Regel die Aus-
rüstung. Die Makas sind nicht feige. Mehrfach,
namentlich wenn sie sahen, daß wir Verluste
hatten, sind sie recht energisch vorgegangen. Mit
langgezogenen schrillen „Hui!“ feuern sich die
Kämpfer gegenseitig an.
Natürlich muß in einem solchen wald-, sumpf-
und wasserdurchsetzten Lande, das überreich an
unzugänglichen Schlupfwinkeln ist, eine Unter-
werfung oder Bestrafung sich im wesentlichen in
Form des Kleinkrieges abspielen. Der Gegner
muß überall aufgestöbert und das Gelände sorgsam
abgesucht werden. Dazu gehören Menschen, und
die fechtende Truppe reicht dazu natürlich nicht
aus, ganz abgesehen davon, daß sie sich durch
fortwährenden Patrouillengang aufreibt und durch
die unendlichen kleineren Scharmützel unverhält-
nismäßige Verluste hat. Das hatte Hauptmann
Marschner richtig erkannt und schon am 27. Mai
Kakas und Bajas als Hilfskrieger herangezogen,
die zur Unterstützung der Patrouillen in dem
Gebiet um Ngamba verwendet wurden. In den
täglichen Patrouillengefechten wurden bis zum
Abmarsch des Hauptmanns nach Dume am 15. Juni
13 Soldaten und 26 Hilfskrieger verwundet.
Inzwischen wurde im Standgquartier die Unter-
suchung, wer an dem Aufstand beteiligt und wes-
halb dieser ausgebrochen sei, mit Nachdruck geführt.
Am 6. Juni brachte eine Patronille die Nach-
richt, daß die Station Dume am 2. Juni im
Dunkeln angegriffen worden sei, wobei Unter-
zahlmeister Arnold (Pfeilschuß in den Ober-