Das denlsche Reich und seine einzeluen Glieder. (Jan. 9.) 37
Aeußerung oder wegen des Inhalts einer Nede ausgesprochen, d kann zu-
gleich die Aeußerung oder die ganze oder der betreffende Theil der Rede von
der Aufnahme in den stenographischen Bericht ausgeschlossen werder. In
einem solchen Falle= ist auch jede andere Veröffentlichung durch die Pese
verboten. §. 7. Die Wirksamkeit der Commission tritt ein, wenn 1) der
Rräsident sie Gnorhnet, oder 2) mindestens 20 Mitglieder des Reichstags sie
beantragen. Die Anordnung (Nr. 1) oder der Autrag (Nr. 2) muß inner=
halb drei Tage, nachdem die Ungebühr vorgekommen ist, erfolgen. §. 8. Die
Commission verhandelt und entscheidet unter dem Vorsib des Präsidenten
und, in dessen Verhinderung, dem des nächsten Vicepräsidenten in der Min-
destzahl von sieben Mitgliedern. Das Verfahren wird durch eine Ordnung
geregelt, welche von der Commission Sukworsen wird und der Genehmigung
des Neichstags unterliegt. §. 9. Die Commission entscheidet endaistig
Laulet jedoch die Eolschlidung auf ssc büe aus dem Reichstag (S. 3
Nr. 3), so kann der Ausgeschlossene innerhalb acht Tage nach erfolgter Ver-
kündigung schriftlich die Entscheidung des Pgeiche aurufen. §. 10. Der
Präsident ist berechtigt, ungebührliche Aeußerungen der Milglieder vorläufig
von der Aufnahme in den stenographischen Bericht auszuschließen, sowie jede
andere Veröffentlichung derselben durch die Presse vorläufig zu untersagen.
Eine solche vorläufige Anor rdnung erlischt, wenn nicht wegen der belreffenden
Aeußerung E drei Tage die Entscheidung der Commission (S. 7) an-
geordnet oder beantragt wird. §. 11. Z#uwiderhondlungen gegen das im
§. 6 enthaltene Verbot, sowie gegen die in §. 10 bezeichnete vorläufige An-
ordnung des Präsidenten werden mit Gefängniß von drei Wochen bis zu
drei Monaten bestraft, sofern nicht nach Maßgabe des Inhaltz der erfolglen
Veröffentlichung eine schwerere Strafe verwirkt ist. §. 12. Die an die Com-
mission gelangten Angelegenheiten, welche bei dem Schlusse einer Session nicht
erledigt sind, gehen in der Lage, in der sie sich befinden, auf die Commission
der nächsten Reichstagssession über.“
Dem Entwurf sind sehr ausführliche Motive beigegeben. Die in
Artikel 30 der Reichsverfassung und in der Geschäftsordnung des Reichs-
tages enthaltenen Bestimmungen, heißt es darin, müßten, wenn sie auch viel-
leicht ausreichten, um die Ordnung im Hause nothdürftig aufrecht zu er-
halten, unzulänglich erscheinen, um beeen schädlichen, ja unter Umständen ge-
fährlichen Wirkungen von Ausschreitungen in den Aeußerungen und Reden
von Abgeordneten außerhalb der Wände des Sihungssaales vorzubengen.
Im Reichstage seien die Pariser Commune und ihre Thaten gerechtfertigt,
ja, es sei dort selbst zu Gewaltthätigkeiten provocirt worden. Die Geset-
gebung dürfte sich daher nicht länger der Aufgabe entziehen, eine Ergänzung
des bestehenden Rechts nach dieser Richtung hin anzubahnen. Wenn sie da-
bei an den Grundsätzen, aus welchen die Bestimmungen der Reichsverfassung
über den Schutz der *** cheworfegangen, festealt en wolle, so müsse
den Mitgliedern des Neichstage ie die Strafgewal t eingeräumt werden.
Zu einem förmlichen Organ der R bedie i eigne sich der Reichstag je-
doch nicht, die Gesegebung könne sich daher nur an die dem Neichstage nach
Art. 27 der Varfasfu Vegen seine Mitglieder zustehende Disciplinarbefugniß
anlehnen. So sei es auch in England, Frankreich und den Vereinigten
Staaten der Fall. Dabei dürfte sreilich nicht verkannt werden, daß, wo
ine schwerere (Mechtsberletzung in Frage steht, die volle Sühne erst durch
strafrechtliche Ahndung durch den Nichter erfolge. Nachdem alsdann in der
Motivirung die einzelnen Paragraphen eingehend begründet worden, enthält
die Vorlage noch als Anlagen: Einschlögige. e Bestimimungen beutscher Ver-
fassungsurkunden und Geschäftsordnungen; die parlamentarische Uebung in
England, in den Vereinigten Staaten und in Frankreich; ferner Aeußerungen
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