132 I. 2. Revolution und Fremdherrschaft.
schrieb, er möge sein eigenes Werk krönen durch die Genehmigung der
neuen polnischen Theilung. Erzürnt entließ er seine Räthe und vertraute
die Leitung der auswärtigen Geschäfte dem Minister Thugut. Dieser
gehässigste aller Feinde Preußens, durch rührige Schlauheit und gewissen—
lose Thatkraft den Berliner Staatsmännern weit überlegen, dachte nach
dem Vorbilde Katharina's die ungeheure Verwirrung der europäischen Lage
für eine Eroberungspolitik im großen Stile auszubeuten; überallhin
schweiften seine begehrlichen Wünsche, nach Flandern und dem Elsaß, nach
Baiern, nach Italien, nach den Donaulanden, nach Polen. Sein Haß
gegen den norddeutschen Verbündeten stieg noch, seit der Erbe von Pfalz-
baiern, der Herzog von Zweibrücken sich wider den bairisch-belgischen
Tauschplan verwahrte, und Preußen, den begangenen Fehler endlich er-
kennend, rundweg erklärte, ohne die freie Zustimmung des Hauses Wittels-
bach dürfe der Tausch nicht stattfinden. Zunächst ging der österreichische
Staatsmann darauf aus, die Macht Preußens in Polen niederzuhalten.
Nichts konnte der Czarin willkommener sein; sie empfand es bitter, daß
ihr die polnische Beute zum zweiten male durch Preußens Dazwischen-
treten geschmälert wurde, und benutzte geschickt den gegenseitigen Haß der
deutschen Mächte um den einen Nachbarn durch den andern zu schwächen.
Schon im Sommer 1793 traten die Höfe von Wien und Petersburg
einander näher; über die feindseligen Absichten des neuen Kaiserbundes
konnte man sich in Berlin nicht täuschen.
Der Zerfall der Coalition zeigte sich sofort in den Kriegsereignissen.
Die Preußen überschritten den Rhein nahe der alten Pfalz bei Caub, an
derselben Stelle wo sie zwei Jahrzehnte später den Kampf um den deutschen
Strom von Neuem begonnen haben; sie vertrieben den Feind vom linken
Ufer, belagerten und eroberten Mainz. Unter dem Schutze ihrer Waffen
kehrte der entflohene hohe Adel zurück und stellte unbelästigt allen Unfug
der Kleinstaaterei wieder her, deren rettungslose Verderbniß man doch in
Berlin wohl kannte. Dann stand die preußische Armee lange im pfäl-
zischen Gebirge, mit der Front südwärts gegen das Elsaß, überall sieg-
reich wo der Feind einen Angriff versuchte; doch sie wagte keinen Vorstoß,
denn das Berliner Cabinet mißtraute den Absichten seines Verbündeten.
Der kaiserliche General Wurmser, der den linken Flügel des Heeres vor
den Weißenburger Linien befehligte, verlangte den Einmarsch in's Elsaß,
um auch dort wie am Mittelrhein die Herrschaft seiner Standesgenossen
vom Reichsadel wiederherzustellen, und trotzte dem preußischen Ober-
befehlshaber in offenem Ungehorsam. Da trat gegen das Ende des Jahres
General Hoche an die Spitze der französischen Truppen, der reinste
Mensch unter den jungen militärischen Talenten der Republik. Von
den Preußen bei Kaiserslautern zurückgeschlagen, wendete er sich mit dem
Ungestüm des genialen Naturalisten gegen Wurmser's Corps, schlug die
Kaiserlichen auf dem Gaisberge, bei Wörth, bei Fröschweiler, auf jenen