Preußen und Cleve mit Brandenburg vereinigt. 27
ihr Staat stand und fiel fortan mit dem Protestantismus. Zur selben
Zeit nahm Johann Sigismund das reformirte Bekenntniß an. Er legte
damit den Grund für die folgenreiche Verbindung seines Hauses mit dem
Heldengeschlechte der Oranier und trat aus der leidsamen Trägheit des
erstarrten Lutherthums hinüber in die Gemeinschaft jener Kirche, welche
allein noch die politischen Gedanken der Reformation mit kriegerischem
Muthe verfocht. Der calvinische Landesherr beherrschte in den Marken
ein hart lutherisches Volk; in Preußen saßen Lutheraner und Katholiken,
in den niederrheinischen Landen die Bekenner aller drei großen Kirchen
Deutschlands bunt durcheinander. Von dem Glaubenshasse der eigenen
Unterthanen bedroht, sah sich das Fürstenhaus gezwungen, allen kirch—
lichen Parteien durch duldsame Schonung gerecht zu werden. Dergestalt
ward die eigenthümliche Doppelstellung der Hohenzollern zu unserem
kirchlichen Leben begründet: sie standen, seit die Macht der Pfälzer zer—
fiel, an der Spitze des streitbaren Protestantismus im Reiche und ver—
traten doch zugleich den Grundgedanken der neuen deutschen Gesittung,
die Glaubensfreiheit. Mit dem Scharfblicke des Hasses sagten schon in
den Tagen Johann Sigismund's kaiserliche Staatsmänner voraus: es
stehe zu befürchten, daß der Brandenburger nunmehr der Führer der
gesammten protestantischen Partei werden könne.
Mit der preußischen Herzogskrone gewann das Haus Hohenzollern
jene stolze Colonie des gesammten Deutschlands, die mit dem Blute aller
deutschen Stämme noch reicher als die Mark benetzt war und sich vor
allen Landschaften des Reiches einer großen und heldenhaften Geschichte
rühmte: hier in dem „neuen Deutschland“ hatte einst der deutsche Orden
die baltische Großmacht des Mittelalters aufgerichtet. Das entlegene,
durch die Feindschaft des polnischen Lehnsherrn wie der skandinavischen
und moskowitischen Nachbarn unablässig bedrohte Grenzland verwickelte
den Staat der Hohenzollern in die wirrenreichen Kämpfe des nordischen
Staatensystems. Während er also an der Ostsee festen Fuß faßte, er-
warb Johann Sigismund zugleich das Herzogthum Cleve nebst den Graf-
schaften Mark und Ravensberg, ein Gebiet von geringem Umfang, aber
hochwichtig für die innere Entwicklung wie für die europäische Politik
des Staates: Lande von treu bewahrter alter Bauern= und Städte-
freiheit, reicher und höher gesittet als die dürftigen Colonien des Ostens,
unschätzbare Außenposten an Deutschlands schwächster Grenze. In Wien
und Madrid ward es als eine schwere Niederlage empfunden, daß eine
neue evangelische Macht sich festsetzte dort am Niederrheine, wo Spanier
und Niederländer um Sein oder Nichtsein des Protestantismus kämpften,
dicht vor den Thoren Kölns, der Hochburg des römischen Wesens im
Reiche. Der junge Staat umschloß auf seinen fünfzehnhundert Geviert-
meilen bereits fast alle die kirchlichen, ständischen, landschaftlichen Gegen-
sätze, welche das heilige Reich mit lautem Hader erfüllten: mit gespreizten