Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

546 I. 5. Ende der Kriegszeit. 
Der Alte aber und sein genialer Freund zeigten sich nie größer als 
in diesen Tagen der Noth. Freimüthig gestanden sie die begangenen 
Fehler ein und versprachen Alles wieder gut zu machen; sie wollten ver- 
gessen, daß Schwarzenberg durch seinen Marsch über die Seine den An- 
griff Napoleon's auf die Schlesier verschuldet und ihnen auch nachher, 
als zwei Tage lang der Kanonendonner von Champaubert und Mont- 
mirail zu der großen Armee hinüberklang, jeden Beistand verweigert hatte. 
Sie dachten nur an den Sieg. Vier Tage nach dem Gefechte von Etoges 
stand ihr Heer wieder in guter Ordnung, begierig die Scharte auszu- 
wetzen. In Eilmärschen ging es nun gen Süden, und schon am 21. Fe- 
bruar vereinigte sich Blücher bei Mery an der Seine wieder mit der 
großen Armee. Seine Soldaten erwarteten mit Zuversicht einen Tag 
wie den von Leipzig, eine Hauptschlacht, die mit einem Schlage den Krieg 
beenden mußte: stand man doch mit fast dreifacher Uebermacht dicht am 
Feinde, 150,000 Mann gegen 60,000. 
Mittlerweile hatte die Diplomatie in Chatillon ihre Friedensverhand- 
lungen eröffnet. Nur die Großmächte waren dort vertreten, denn mit 
dem Untergange des Weltreichs kehrte die aristokratische Verfassung, welche 
König Friedrich der Staatengesellschaft gegeben, sofort zurück. Die Ueber- 
macht der europäischen Pentarchie ward täglich fühlbarer, die Staaten 
zweiten und dritten Ranges bedeuteten weniger denn je, und es war 
Hardenberg's Stolz, daß er seinen Staat wieder in die Reihe jener leiten- 
den Mächte eingeführt hatte. Die Verbündeten verlangten die Grenzen 
von 1792, einige Berichtigungen vorbehalten, und stellten zugleich die Be- 
dingung, daß die Mächte der Coalition allein, ohne Zuziehung Frank- 
reichs, über die Vertheilung der von Napoleon und seinen Bundesgenossen 
abgetretenen Gebiete entscheiden sollten. Auf diesem Satze bestanden 
Preußen und Rußland entschieden; hart und demüthigend wie er für 
Frankreich war, legte er dem Besiegten doch nur eine Beschämung auf, die 
von der tief empörten öffentlichen Meinung in Deutschland und England 
stürmisch gefordert wurde. Hardenberg wünschte sogar Frankreich gänzlich 
auszuschließen von dem allgemeinen Congresse, der nach Abschluß des 
Friedens zur endgiltigen Feststellung der neuen Verhältnisse Europas be- 
rufen werden sollte. Er täuschte sich nicht über den tödtlichen Haß, den 
die Franzosen ihrem kühnsten Feinde bewahrten, und sah voraus, daß 
Frankreich im Vereine mit seinen alten Bundesgenossen auf dem Con- 
gresse ein hochgefährliches Ränkespiel anzetteln würde. Auf eine so tiefe 
Demüthigung des Gegners wollte jedoch Metternich nicht eingehen, und 
nur nach lebhaftem Widerstreben schloß er sich mindestens der Forderung 
an, daß die Vertheilung der Eroberungen den Allürten ausschließlich zu- 
stehen solle. Caulaincourt trat anfangs sehr versöhnlich auf, so lange 
der Schrecken von La Rothière noch nachwirkte. Am 12. Februar, im 
Hauptquartier zu Troyes erklärten sich Hardenberg, Metternich und
	        
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