Hardenberg's Plan für die Herstellung Preußens. 567
Oesterreich nur das 1800 abgetretene Neu-Galizien, Krakau und Za-
moscz mit 700,000 Einwohnern. Außer diesen polnischen Strichen und
Oberitalien soll Oesterreich vor Allem den zur Vertheidigung des Ober-
rheins unentbehrlichen Breisgau erhalten; der vorgeschobene Posten muß
mit dem Kaiserstaate in ununterbrochener Verbindung stehen, daher haben
Baiern, Baden und Württemberg einige Stücke ihres Oberlandes (so
Passau und Lindau) abzutreten, die Fürsten von Hohenzollern und Liech-
tenstein werden mediatisirt und ihre Länder zu dem gleichen Zwecke ver-
wendet. Dergestalt wird Oesterreich um 1,7 Millionen Seelen stärker als
im Jahre 1801. Preußen verzichtet, wenngleich sehr ungern, auf das
treue Ansbach-Bayreuth und erlangt, außer den beiden Herzogthümern
Westphalen und Berg: ganz Sachsen sowie die Rheinlande von Mainz
bis Wesel.
Der Staatskanzler unterschätzte also keineswegs, wie die Uneinge-
weihten ihm vorwarfen, die militärische Bedeutung des Rheinlandes; viel-
mehr war die Spitze seines Planes ersichtlich gegen Frankreich gerichtet.
Hardenberg berechnete die Einwohnerzahl der also hergestellten Monarchie,
offenbar zu niedrig, auf 10 ½ Millionen, 600,000 Köpfe mehr als im
Jahre 1805. Wie Vorderösterreich, so sollten auch Preußens westliche
Provinzen durch einen „Isthmus" mit dem Hauptkörper des Staates
verbunden werden; die Landkarten der Staatskanzlei bestimmten ein Stück
hannoverschen Landes südlich von Göttingen für Preußen, um den Zu-
sammenhang zwischen dem Eichsfelde und dem östlichen Westphalen her-
zustellen. Den Niederlanden wurde außer Belgien auch Luxemburg und
ein Stück der deutschen Rheinlande zugedacht; doch war man jetzt etwas
behutsamer geworden und bot dem Oranier nur noch einen Strich im
äußersten Westen mit der Festung Jülich, außerdem die Versetzung seiner
deutschen Vettern auf das linke Ufer, an die luxemburgische Grenze. Die
festen Plätze des Rheinthals wollte Hardenberg schlechterdings nicht in
schwache Hände kommen lassen. Nur ungern, so gestand er selbst, for-
derte er für seinen Staat diesen gefährlichen Wachtposten; er fühlte, daß
Preußen hier eine Ehrenpflicht gegen das große Vaterland zu erfüllen
hatte. Der mißtrauische Blick des oranischen Staatsmannes Gagern be-
merkte wohl, wie das preußische provisorische Gouvernement in Aachen
die wiedergewonnenen altpreußischen Lande Cleve und Geldern mit den
kölnisch-trierischen Krummstabslanden durchaus auf gleichen Fuß behan-
delte; man bereitete in der Stille die Einverleibung vor. Baiern endlich
sollte für die an Oesterreich abgetretenen Provinzen das gesammte nörd-
liche Baden mit Mannheim und Heidelberg sowie einen Theil der links-
rheinischen Pfalz mit Speyer empfangen. Der badische Hof mochte irgend-
wo auf dem linken Rheinufer seine Entschädigung finden; das schlaffe
Regiment des Großherzogs Karl stand überhaupt bei den großen Mächten
in schlechtem Ansehen, zudem schien seine Dynastie dem Aussterben nahe.