Wrede. Münster. 613
daß die Glanzzeit der bairischen Waffen nicht in dem jüngsten Winter-
feldzuge, sondern in den Kriegen des Rheinbundes zu suchen war. In-
deß der Glückliche hatte sich zur rechten Zeit von Frankreich abgewendet
und den für Oesterreich so vortheilhaften Rieder Vertrag abgeschlossen.
Seitdem erfreute er sich der besonderen Gunst des Wiener Hofes; mit
dem plumpen Polterer kam man leichter aus als mit Montgelas“ zäher
Schlauheit. Auch war die österreichische Armee selber so arm an Talen-
ten, daß viele der k. k. Diplomaten diesen Mann im Ernst für einen
Feldherrn hielten. Noch ganz berauscht von dem beflissenen Lobe, das
ihm die Alliirten für die Niederlage von Hanau gespendet, kam er nach
Wien und vermaß sich die preußische Habgier mit den Waffen zu züchtigen,
während er für Baiern selbst Mainz, Frankfurt und Hanau, eine ganz
unverhältnißmäßige Entschädigung forderte. Er war jetzt Fürst und Feld-
marschall, da Baiern doch auch seinen Blücher haben mußte, und suchte
durch lärmende Schimpfreden gegen die Federsuchser seinem Titel Ehre zu
machen: ein Marschall Wrede, rief er aus, unterzeichnet nur mit dem Degen!
Einen seltsamen Gegensatz zu diesem säbelrasselnden Prahler bildete
der steife, würdevoll gemessene Graf Münster — einer jener beneidens-
werthen Menschen, die ihren eigenen Kopf mit so ersichtlicher Ehrerbie-
tung auf den Schultern tragen, daß jeder Uneingeweihte an die Kostbar-
keit dieses Schatzes glauben muß. Den Bedientennaturen der herzoglichen
und großherzoglichen Diplomatie erschien der riesige Mann mit dem langen,
an die bekannte Erbschönheit des Hauses Habsburg erinnernden Gesichte
wahrhaft großartig, wenn er mit naiver Unbefangenheit sein eigenes Lob
verkündete. In der That besaß der Graf eine vielseitige, allerdings wenig
gründliche Bildung: Gemahl einer bückeburgischen Prinzessin, langjähriger
Genosse des stolzesten Adels der Welt spielte er gern den großen Herrn;
auch durfte er wohl mit einigem Selbstgefühle auf die kleinen Leute aus
den Rheinbundsstaaten herniederschauen, da er im Dienste der englischen
Krone eine reiche Erfahrung gesammelt und in der Bekämpfung des Bo-
napartismus zähe Ausdauer gezeigt hatte. Gleichwohl war er mehr Hof-
mann als Staatsmann, mehr Junker als Aristokrat. Wie er sich den
Welfen unentbehrlich machte durch kleine Gefälligkeiten bei den ärgerlichen
häuslichen Händeln des Königshauses — Kammerherrendienste, zu denen
sich weder Stein's Stolz noch Hardenberg's Schmiegsamkeit jemals her-
gegeben hätte — so erhob sich auch seine Auffassung der großen Kämpfe
des Jahrhunderts nicht über das platte Standesvorurtheil: das ist der
Hauptkampf unserer Zeit, pflegte er zu sagen, die Antichambre will durch-
aus in den Salon! Als ein correcter kurbraunschweigischer Beamter ver-
langte er die Wiederherstellung der Kaiserwürde, deren Aufhebung die
Welfen ja niemals anerkannt hatten, nur durfte die Selbstherrlichkeit des
erlauchten Welfenhauses dadurch nicht geschmälert werden. Seine zur
Schau getragene Verachtung gegen „die Zaunkönige“ des Rheinbundes