Der deutsche Fünfer-Ausschuß. 687
zu zwölf zusammengeschrumpft waren. Diese zwölf Artikel legten die
beiden führenden Staaten am 14. October dem Fünfer-Ausschusse vor,
der nach dem Beschlusse der europäischen Mächte über die deutsche Ver-
fassung berathen sollte. Das Schicksal des Deutschen Bundes ward also
allein in die Hände von Oesterreich, Preußen, England-Hannover, Baiern
und Württemberg gegeben; den übrigen Staaten blieb nur die nach-
trägliche Zustimmung vorbehalten.
Offenbar war dieser Versuch der Bildung einer deutschen Pentarchie
nur ein willkürlicher Nothbehelf der Verlegenheit; denn wollte man sich
an das historische Recht, an die alten Prärogativen des Kurfürstenrathes
halten, so durfte man die Kurhäuser Baden und Hessen nicht ausschließen.
Um die Willkür zu beschönigen berief sich Metternich auf jene Clausel der
Accessionsverträge, welche die Kleinstaaten von Baden abwärts verpflichtete
sich den Anforderungen der künftigen Bundesverfassung zu fügen; aber
durch diese Zusage war das Recht der Mitberathung keineswegs aus-
geschlossen. Der wirkliche Beweggrund für das eigenmächtige Vorgehen
der beiden Großmächte war lediglich die diplomatische Convenienzz sie
hielten für unmöglich durch eine Verhandlung mit allen deutschen Staaten
irgend ein Ergebniß zu erzielen. Der Erfolg lehrte jedoch, daß in dem
wunderbaren Wirrsaal der deutschen Politik das Leichte oft schwer und das
Unwahrscheinliche möglich ist. Die Bundesverfassung kam erst zu Stande
als man den bunten Haufen der gesammten Kleinstaaten zur Berathung
heranrief. Die Verhandlungen des Fünfer-Ausschusses dagegen, die sich
in dreizehn stürmischen Sitzungen bis zum 16. November hinzogen, ver-
liefen ohne jedes Ergebniß; denn unter den auserwählten fünf Staaten
tagten die beiden boshaftesten Feinde der deutschen Einheit, Baiern und
Württemberg.
Sie hatten beide, Baiern ohne jede Bedingung, Württemberg unter
einem nichtssagenden Vorbehalt, die volle Souveränität zugesichert erhal-
ten; ermuthigt durch die unbillige Gunst, welche ihnen die Großmächte
gewährten, entfalteten sie sofort, wie Stein entrüstet sagte, ihr System
„der Vereinzelung gegen den Bund, des Ehrgeizes gegen die Kleinstaa-
ten, des Despotismus gegen das eigene Land.“ Ihre Absicht war, wie
die preußischen Staatsmänner sogleich erriethen, die Entscheidung der
deutschen Verfassungsfrage so lange hinauszuschieben, bis ihre eigenen
Gebietsansprüche nach Wunsch erledigt seien.) Mit seiner gewohnten
brutalen Grobheit versicherte Wrede sofort, die europäische Macht Baiern
habe gar kein „persönliches Interesse“ an dem Deutschen Bunde, sie
könne durch Anschluß an Frankreich weit größere Vortheile erlangen und
wolle nur aus freundlicher Nachgiebigkeit gegen den allgemeinen Wunsch dem
Vereine der deutschen Souveräne beitreten. Noch nach dem Congresse gestand
*) So Humboldt in dem oben erwähnten Systematischen Verzeichniß.