Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Unterbrechung der Berathungen. 691 
und Kleinstaaten ohne Oesterreich und Preußen, aber mit Dänemark und 
den unvermeidlichen Niederlanden. Münster erwiderte den Kleinstaaten 
im Namen der Großmächte, erkannte ihre patriotischen Absichten wohl— 
wollend an und erklärte bestimmt, die Wiederaufrichtung des Kaiserthums 
sei, Angesichts der Weigerung Oesterreichs, ganz unmöglich. Die Rhein- 
bundsgesinnung dagegen, welche sich in den Noten Württembergs und Ba- 
dens so schamlos ausgesprochen hatte, wollten die Großmächte nicht unge- 
rügt hingehen lassen. Oesterreich und England-Hannover hofften in jenem 
Augenblicke noch, den preußischen Hof von Rußland abzuziehen und kamen 
darum in den deutschen Händeln den Ansichten Preußens mit einer Be- 
flissenheit, die sie freilich zu nichts Ernstlichem verpflichtete, entgegen. 
Münster entwarf für Preußen und Oesterreich eine identische Note, welche 
dem badischen Hofe übergeben werden sollte. In einer unerhört scharfen 
Sprache hielt er der Karlsruher Regierung ihr Sündenregister vor, alle 
ihre Bedrückungen gegen das eigene Volk, „Maßregeln, die unter die will- 
kürlichsten des französischen Revolutionssystems gerechnet werden müssen.“ 
Dann wird der wichtige Grundsatz aufgestellt, daß es den deutschen Staaten 
keineswegs frei stehe, ob sie dem Bunde beitreten wollten oder nicht. Die 
Großmächte berufen sich nicht auf den tausendjährigen, niemals rechtsgiltig 
aufgehobenen Bestand des deutschen Reichs; sie halten sich an das Nächst- 
liegende, an die Accessionsverträge des vergangenen Jahres: alle der großen 
Allianz Beigetretenen seien gebunden an die Kalischer Proclamation, die 
dem deutschen Volke die Wiederaufrichtung seiner Verfassung „unter nö- 
thigen Modificationen“ zusage. „Die Garantie, welche die alliirten Mächte 
über die Souveränität Badens ertheilt haben, kann nicht auf unbedingte 
Befugnisse gedeutet werden, welche Seiner K. Hoheit niemals zugestanden 
haben und welche mit den Absichten geradezu streiten würden, welche der 
deutschen Nation von Seiten der alliirten Mächte als Zwecke des Kriegs, 
zu dessen glücklicher Beendiguug ihre Vaterlandsliebe und ihr auf diese 
Zusicherung gestützter Muth so Vieles beigetragen hat, bekannt gemacht 
worden sind.““) Im letzten Augenblicke wurde Metternich bedenklich; ein 
solcher Ton erschien ihm zu schroff. Man begnügte sich dem badischen 
Minister mündlich die Meinung der Großmächte mitzutheilen. Dagegen 
wurde dem württembergischen Hofe am 24. November eine gemeinsame Ant- 
wort übergeben, welche, obschon in etwas milderer Form, dem Münster'schen 
Entwurfe entsprach und sehr nachdrücklich erklärte: alle deutschen Staaten 
sind verpflichtet dem Bunde beizutreten. Es war, als ob Stein selber den 
Großmächten die Feder geführt hätte; schade nur, daß weder Metternich 
noch Münster ernstlich gewillt war den schönen Reden die That folgen zu lassen. 
Die Auflösung des Fünfer-Ausschusses wurde folgenreich für viele 
Jahre, denn sie gab den Anlaß für die Begründung der constitutionellen 
  
*) Münster's Entwurf zur Beantwortung der badischen Note vom 16. Nov. 1814. 
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