Wessenberg's Entwurf. 697
eintritt, darf ohne Zustimmung der Genossen nicht wieder ausscheiden.
Alle Bundesstaaten haben als solche gleiche Rechte. Ein permanenter
Bundesrath wird aus den Gesandten aller Staaten gebildet, Oesterreich
führt den Vorsitz. Keine Spur von einer wirklichen Bundeskriegsgewalt;
der Bundesrath hat lediglich „darauf zu sehen“, daß jeder Staat sein
Contingent vollständig erhält. Die Ausgaben werden durch Matrikularbei-
träge bestritten. Die auswärtige Politik bleibt den Bundesstaaten unge-
schmälert, nur dürfen ihre Verbindungen mit Auswärtigen nicht gegen
den Bund selber gerichtet sein. Landstände sind binnen Jahr und Tag
einzuberufen, doch wird ihre Einrichtung den Landesherren überlassen.
Dazu noch ein Artikel über die Mediatisirten und einige, sehr bescheidene,
Unterthanenrechte, wozu aber die Preßfreiheit nicht gehört; endlich noch
die Zusage, daß der Bund für die Freiheit des Handels und der Schiff-
fahrt „sorgen“ werde.?) Hier endlich bekannte die Hofburg Farbez jene
Zwölf Artikel hatte sie im October nur deshalb angenommen, weil sie da-
mals Preußen noch bei guter Stimmung erhalten wollte. Metternich's wirk-
liche Meinung ging jetzt, wie schon in Teplitz, dahin, daß die Souveränität
der deutschen Staaten nur so weit beschränkt werden dürfe als erforderlich
war um die europäische Stellung des Hauses Oesterreich einigermaßen
sicher zu stellen. Von den drei Punkten, welche Preußen als die Funda-
mente der Bundesverfassung ansah, war der eine, das Bundesgericht,
in dem Wessenbergischen Plane gänzlich beseitigt; über die anderen beiden,
Kriegsgewalt und Landstände, schlüpfte der Vertraute Metternich's mit
einigen allgemeinen Redensarten hinweg. So weit gingen die Absichten
jener beiden Mächte auseinander, deren Interessen Hardenberg für har-
monisch hielt.
Die Wessenbergische Arbeit konnte ruhig ihrer Stunde harren, grade
weil sie der leerste und farbloseste von allen den bisherigen Entwürfen
war; sie wurde die Grundlage der deutschen Bundesverfassung, das Ei,
woraus der Kuckuck des Frankfurter Bundestages auskroch. Vorderhand
hütete sich Metternich weislich das Werk seines Geheimen Raths schon
jetzt förmlich als k. k. Gegenentwurf vorzulegen, er begnügte sich die
beiden Pläne Humboldt's für unausführbar zu erklären. Da die beiden
Vormächte sich über eine Vorlage nicht einigten, so konnten auch die ver-
heißenen Berathungen Aller nicht beginnen.
Um die Verwirrung zu vollenden warf jetzt Stein noch einen neuen
Zankapfel unter die Hadernden. Der Reichsritter konnte sich von dem
schönen Kaisertraume so schnell nicht trennen, allzutief waren ihm die
grandiosen Bilder der Stauferzeiten in's treue Herz gegraben. Sobald er
*) Die Behauptung Ad. Schmidt's (Gesch. d. d. Verfassungsfrage S. 373), daß
Metternich diesen Entwurf hätte gebrauchen wollen um Preußen aus Deutschland aus-
zuschließen, ist unerwiesen und, wie mir scheint, auch ganz unerweisbar.