162 II. 4. Die Eröffnung des Deutschen Bundestages.
burger, Nassauer und Hanseaten unter der Führung eines niederländi-
schen Generals umfassen sollte. Preußen gab dem wundersamen Vorschlage
nur darum vorläufig seine Zustimmung, weil diese winzigen Korps im
Kriegsfalle unmöglich neben den Heeren der beiden Großmächte ihre Selb-
ständigkeit behaupten konnten, und man doch nicht wagen durfte die Zwei-
teilung des Heeres geradeswegs zu beantragen.
Aber wie sorgsam ÖOsterreich auch die Souveränität der Kleinen ge-
schont hatte, wie bescheiden auch seine Anträge klangen, den Erben des
Rheinbundes schien selbst dies Nichts unerträglich drückend. Umsonst
sendete Hardenberg im Januar den General Wolzogen nach Stuttgart
um dem neuen Könige auseinanderzusetzen, daß nur ein Heer von min-
destens zwei Prozent der Bevölkerung einem Angriffe Frankreichs gewachsen
sei; die Selbstsucht König Wilhelms war stärker als sein Soldatenverstand.
Als am 16. Februar die Abstimmung begann, standen Bayern, Sachsen,
Württemberg, Baden und die beiden Hessen einhellig gegen die Großmächte.
Sie forderten ziemlich übereinstimmend: Herabsetzung der Kriegsstärke auf
die Hälfte; mehr als 1% für das Heer und ½0% für den Ersatz sei uner-
schwinglich. Ferner Erwählung des Bundesfeldherrn durch den Bundestag
selbst; dann blieb die Aussicht, den Marschall Wrede oder einen kleinkönig-
lichen Prinzen an die Spitze des deutschen Heeres zu stellen. Selbstver-
ständlich durfte dieser deutsche Feldmarschall auch im Kriege die Eintei-
lung der Korps nicht verändern, auch sollte er sich eines parlamentarischen
Hauptquartiers erfreuen, einer Versammlung von Offizieren aus allen
Kontingenten, welche das Interesse ihrer Souveräne bei dem Feldherrn
zu vertreten hätten. Schlechterdings keine Inspektion von Bundeswegen
in Friedenszeiten, auch keine Vorschriften über die Landwehr; überhaupt
sollte die Ausführung des künftigen Bundesgesetzes ausschließlich den Ein-
zelstaaten überlassen bleiben. Diese Aussicht war um so erfreulicher, da
der Kurfürst von Hessen ausdrücklich hinzufügte, man dürfe ihm nicht zu-
muten, die Stämme und die Ausrüstung für die Kriegsstärke schon im
Frieden bereit zu halten. Ein gemeinsames Abzeichen wollte man im
Kriege allenfalls ertragen, nur durfte es bloß ein Erkennungszeichen sein wie
die weiße Armbinde, welche die Kriegsvölker des verbündeten Europas in
Frankreich, unbeschadet ihrer nationalen Selbständigkeit, einst geführt hatten.
Für die Einteilung des Bundesheeres ward als unverbrüchliche Regel
gefordert, daß kein Staat, der ein vollständiges Armeekorps stelle, andere
Truppen mit den seinen vereinigen dürfe; die gemischten Korps sollten
„nach den geographischen und verwandtschaftlichen Verhältnissen“ gebildet
werden. Der Kurfürst von Hessen zeigte zugleich an, er habe mit dem
Vetter in Darmstadt verabredet „eine Division gemeinsam den Feinden
des gemeinschaftlichen und des besonderen Vaterlandes entgegenzustellen“;
und jedermann wußte, daß mit den Feinden des besonderen Vaterlandes
nur Preußen gemeint war.