532 II. 9. Die Karlsbader Beschlüsse.
fener Menschen, wie sie in der Sumpfluft des Mißtrauens und des Ver—
dachtes zu gedeihen pflegen: die Räte Tzschoppe, Grano, Dambach, ge—
meine Ehrgeizige, die das Handwerk der Verfolgung mit dem Eifer eines
Schweißhundes trieben.
Derweil die deutschen Höfe also von blindem Schrecken überwältigt
wurden, schwelgte Metternich im Gefühle befriedigter Eitelkeit: wieder
einmal hatte er alles vorausgewußt, die teuflischen Pläne der Verwor—
fenen, die von deutscher Einheit träumten, waren aufgedeckt; nun galt es
die Angst der deutschen Kronen auszubeuten, „der Sache die beste Folge
zu geben, die möglichste Partie aus ihr zu ziehen.“ Kaiser Franz bereiste
in diesem Frühjahr die italienischen Höfe. Metternich, der sich nebst dem
preußischen Gesandten Krusemark im Gefolge des Monarchen befand,
sendete seiner Gemahlin aus Rom und Neapel Reiseberichte, welche auf
unbefangene Leser etwa den Eindruck machen, als ob ein wißbegieriger
Kaufmannsdiener sie geschrieben und der selige Baron Münchhausen
einige historisch-statistische Berichtigungen hinzugefügt hätte. Seinen Kunst-
sinn betätigte er durch Begönnerung einiger französischer und englischer
Modemaler. Dagegen ward die Ausstellung, welche die deutschen Maler
zu Ehren des Kaisers im Palazzo Caffarelli veranstaltet hatten, kaum
eines Blickes gewürdigt; mit dem hochfliegenden Idealismus dieser Naza-
rener wußten die Wiener nichts anzufangen, auch trugen die Künstler
von S. Isidoro lange Haare und altdeutsche Röcke, was sie ungeachtet ihrer
katholischen Gesinnung in den Augen des Kaisers hochverdächtig erscheinen
ließ. Der politische Zweck der Reise wurde scheinbar erreicht. Kaiser
Franz sah sich überall von der höfischen Welt als der Protektor Italiens
begrüßt, wohnte im Vatikan als Gast des Papstes, der den Beherrscher
der ersten katholischen Macht mit Ehrenbezeigungen überschüttete und den
Erzherzog Rudolf mit dem Kardinalspurpur schmückte. Dies genügte, um
Metternichs Urteil zu bestimmen; warum hätte er sich auch über die
römischen Verhältnisse bei dem preußischen Gesandten Niebuhr unterrichten
sollen, der trotz seinen konservativen Neigungen, trotz seiner Achtung für
die Milde des Papstes und die Klugheit des Kardinals Consalvi rasch zu
der Einsicht gelangt war, daß die ewige Stadt unter Napoleon sich weit
glücklicher befunden hatte, als unter der wiederhergestellten Priesterherr=
schaft? Der österreichische Staatsmann fand die Zustände im Kirchen-
staate ganz vortrefflich, die neapolitanischen Lazzaroni unter dem Segen
der Bourbonenherrschaft „hundertmal zivilisierter als vor zwanzig Jahren“.
Daß die schreienden aber mutlosen Italiener jemals eine Schilderhebung
wagen könnten, erklärte er für ganz unmöglich — kaum ein Jahr bevor
die Revolution in Neapel und Piemont zugleich ausbrach.
Die nämliche Sicherheit staatsmännischen Blickes bewährte er bei
der Beurteilung der deutschen Dinge. Dies ermüdete Volk schien ihm
längst überreif zur Revolution; „ich stehe dafür“, schrieb er seiner Ge-